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Was macht ihr heute hier?

 

Dirk Eisermann: Wir sind eines der führenden Rock’n’Roll-Orchester in Deutschland, die Neue Philharmonie Frankfurt. Wir haben schon mit Deep Purple und Peter Gabriel gespielt und jetzt durften wir ein Ensemble stellen für eines der größten Events: wir spielen hier auf dem Hockenheimring – wir spielen bei neun Songs mit den Böhsen Onkelz zusammen! Diese Dimensionen – ich glaub größer geht’s dann gar nicht mehr. 100.000 Leute und das mal zwei – alle Achtung.

 

Wer kam wann auf die Idee?

 

Dirk: Das hat ursprünglich etwas mit dem Arrangeur der Songs zu tun, Patrik Bishay, mit dem wir parallel bei anderen Projekten sehr eng zusammenarbeiten. Er hat die Noten für das Orchester geschrieben – der kennt uns und er weiß, dass wir sehr Rock’n’Roll-affin sind.

 

Wie lang war die Vorbereitung?

 

Dirk: Das ist ein Projekt von zwei bis drei Monaten. Zu dem Zeitpunkt, an dem die Noten geschrieben wurden sind wir als Orchester noch nicht wirklich aktiv gewesen, aber seit zwei Wochen gibt es Proben mit speziellen Aufnahmen und seit gestern mit den großen Stellproben hier in Hockenheim.

 

Was ist die musikalische Herausforderung?

 

Dirk: Naja, es ist eine der härtesten Rockbands in Deutschland – wie kann da eine Geige, eine Bratsche oder eine Querflöte klingen? Das ist auch die Herausforderung an die Songs, die Band, den Arrangeur und an uns Musiker. Das klappt gut, die Songs sind auch speziell orchester-affin.

 

Julia: Ich spiel Bratsche und habe erst mal klassisch studiert, wie die meisten hier, habe aber auch schon viel Erfahrung sammeln dürfen in der Rockmusik und der Unterhaltungsbranche. In der Klassik ist man freier – man kann schwimmen und achtet auf den Dirigenten. In der Rockmusik hat man so ein Klick im Ohr und da muss man dabeibleiben. Es ist halt alles sehr laut außen herum, man hat die Leute, den Sound und man muss schauen, dass man trotzdem in time bleibt, dass man im Rhythmus spielt. Das ist bei Rockmusik eher die Kunst. Zum anderen macht man auch eine Show, man sitzt nicht im Orchestergraben mit den anderen, sondern man ist auf einer Riesenbühne mit vielen Leuten und viel Publikum. Man wird auf einer großen Leinwand gesehen und muss sein Gesicht unter Kontrolle haben. Das sind schon ganz andere Anforderungen, es macht unglaublich viel Spaß.

 

Wie ist die Probe für euch gelaufen?

 

Julia: Es lief total unkompliziert und schnell – kalt war’s.

Kathrin: Wir haben ja für uns schon in Offenbach geprobt und letzte Woche dann eine Probe mit der Band im Studio. Das war toll, weil wir da ganz dicht beieinander waren. Die haben uns life gehört und wir die – das war so ein erstes Kennenlernen und die Band war sehr angetan von uns und wir von denen. Gestern war die Band natürlich schon mit ganz anderen Dingen beschäftigt; mit dem Ablauf des Abends, mit Ben Becker und da müssen wir eigentlich nur funktionieren. Da sind die auch ganz froh, dass das mit uns so unkompliziert läuft.

 

Wann wird der Moment der ersten Nervosität vor dem Konzert sein?

 

Julia: Ich bin nicht nervös – ich freue mich nur! Wenn ich dann da sitze und die ganzen Leute sehe, kann es schon sein, dass ich ein Kribbeln im Bauch habe.

Dirk: Du hast das Publikum noch nicht gesehen! (lacht)

 

Was spielst du für ein Instrument und was ist das Besondere hier?

 

Kathrin: Ich spiele Querflöte – es ist alles so riesig hier! Wir haben zwar schon auf vielen großen Bühnen gespielt, mit David Garrett sind wir schon seit fünf Jahren unterwegs, aber so eine Riesenkulisse hatten wir noch nie. Wir bekommen zwar auf unserer Seitenbühne nicht so wahnsinnig viel davon mit, aber wir sehen die Leute und werden die Pyrotechnik bemerken, die wird uns sicherlich heiß unterm Hintern brennen. Wir spielen fast komplett ohne Dirigent, wir haben diesen Klick im Ohr und müssen sehr darauf achten rechtzeitig loszuspielen. Wir kriegen natürlich übers Ohr gesagt, wann es anfängt und wir haben auch Einzähler, aber das ist nicht so ganz einfach, wenn da niemand steht, der uns ein bisschen leitet, wie wir das sonst so gewöhnt sind. Es ist relativ eng und wir müssen gucken, dass wir uns nicht gegenseitig behindern. Es gibt viel Licht, wir haben sehr helle Scheinwerfer direkt unter den Notenständern, da darf man vor Allem nicht die ganze Zeit mit zusammengekniffenen Augen dasitzen. Gestern bei der Probe war es noch hell – wir wissen noch gar nicht, wie es aussieht, wenn es heute Abend dunkel ist.

Wir haben heute, wie alle anderen in diesem Stau gestanden und jetzt wartet schon die Visagistin, die uns alle schminkt. Wir müssen uns noch umziehen und bis wir dann da stehen, ist es noch aufregend. Nach dem ersten Song wird alles cool.

 

Was hast du bei dem Anblick der Venue gefühlt?

 

Kathrin: Als wir gestern hier ankamen, haben wir uns erst mal gefragt, wo die Bühne ist auf diesem Riesengelände. Und dann steht da dieses Ding aus dem All – wir wussten gar nicht, wo vorne und hinten ist bei der Bühne. Normalerweise hat man so einen Kasten – hinten ist zu und vorne ist offen – hier ist alles ganz anders und gigantisch. Wir haben uns erst überhaupt nicht auf die Bühne getraut. Unsere Umkleide ist in der Boxengasse, auch das Catering und du denkst so: Wow, hier haben die Rennautos gestanden!

 

Wie lief die Zusammenarbeit?

 

Kathrin: Sehr nett. Die Böhsen Onkelz sind sehr nett, auch wenn die erst mal nicht so aussehen mit den ganzen Tatoos – das sind Musiker und wir sind auch Musiker, da trifft man sich auf einer Ebene.

Dirk: Ich hab das noch anders erlebt. Ich fand es fantastisch – wir hatten Stellen, wo das Orchester ohne Band gespielt hat. Alle vier haben vor den 16 Mädels gestanden und mit offenen Ohren und Augen gehört, geguckt und applaudiert. Das war sehr respektvoll, so gehen die Onkelz mit uns um. Das erlebt man nicht immer so. Das ist schön, zu sehen, dass die großen Metalljungs mit den Klassikern gut klarkommen.

Julia: Mein Eindruck war, trotz vorheriger Skepsis, überraschend positiv. Die Band ist sehr angenehm, höflich, sie haben Rücksicht auf uns genommen, haben uns zugehört. Eine schöne Zusammenarbeit.

 

Was kanntet ihr vorher von den Böhsen Onkelz?

 

Dirk: Relativ wenig – ich bin na klar ein Klassiker.

 

Was wollt ihr den Fans bieten?

 

Kathrin: In jedem Fall eine tolle Optik – wir haben zwei Kameramänner, die um uns herumschleichen. Dirk hat ein paar Fotos auf seinem Mobiltelefon gemacht und das sieht irre aus, diese 20 Meter hohen Gesichter mit einem Geigenbogen davor. Da wollen wir natürlich, dass das Publikum etwas zu gucken hat. Wie viel von uns zu hören ist, das können wir nicht beeinflussen, das macht die Technik.