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Lieber Patrik Bishay zunächst einmal einleitend, für die Leute, die sich mit klassischer Musik nicht so auskennen, und für die der Mann in schwarz vorne ein Mysterium ist: Was macht ein Dirigent genau? Wie schwer ist es, ein großes Orchester zu leiten?

 

Ein Dirigent muss im Grunde den Klang des ganzen Stückes im Kopf haben und dann dafür sorgen, dass die Musiker das Ganze dann auch genau so spielen, wie es klingen soll. Das betrifft einmal das technische, also z.B. das die einzelnen Stimmen synchron sind, die Instrumente zur richtigen Zeit einsetzen und alle Töne stimmen oder eben auch, dass künstlerische Details wie z.B. Lautstärke und ähnliche Dinge so sind, wie sie sein sollen. Man muss sich also um sehr viel gleichzeitig kümmern und dabei alles im Blick haben… aber ich muss auch zugeben, dass ich als Dirigent eher selten arbeite, meistens schreibe ich nur die Orchesterarrangements, also ich überlege mir das, was das Orchester zu den songs dazu spielen kann. Dass ich das dann auch auf der Bühne mit umsetze, das war für mich ein Novum…

 

Klassik meets Rock – das ist ja nun kein ungeheuer neues Konzept. Metallica und andere namenhafte Bands haben das ja auch schon durch. Dennoch sorgte alleine das Intro „28“ auf dem Ring für offene Münder bei den Fans und für Gänsehaut bei der Crew. Hattest Du Bedenken, dass man klassische Elemente gut mit der teilweise rauhbeinigen Musik der Böhsen Onkelz verknüpfen kann?

 

Also, Bedenken hatte ich gar nicht. Ich komme ja auch ursprünglich aus der Rockmusik und höre immer noch gern Bands wie Maiden … und eben auch Onkelz. In die Klassik bin ich erst im Studium reingerutscht. Insofern weiss ich bei Crossover-Projekten ziemlich genau, wie ich bei der Umsetzung vorgehen muss. Wenn es dann musikalisch etwas rauhbeiniger wird, umso besser! Da hab ich ja dann auch die Möglichkeit, so richtig die Sau rauszulassen in der Orchesterumsetzung :-). Gerade in songs wie 28, Panamericana oder Bajasteckt in ihrer ursprünglichen Anlage auch schon so viel „orchestrales“ Potenzial, was man dann einfach herausholen konnte. Und am Ende des Tages funktioniert Musik eh fast immer nach den selben „Spielregeln”.

 

Wie intensiv waren die Proben? Habt ihr gemeinsam mit der Band im Studio gestanden und eure Ideen zu den einzelnen Songs beigesteuert, oder wie muss man sich das vorstellen? Vor allem die Kürze der Zeit ist ja dabei auch ein entscheidender Faktor.

 

Na ja, der Ablauf war so, dass ich von der Band eine Liste der Songs bekam, bei denen das Orchester mitspielen sollte. Dann hab ich mich hingesetzt und für diese Songs Arrangements entworfen. Diese Entwürfe hab ich dann zurück an die Band geschickt und – nachdem ich das Feedback der Band hatte – dann daraufhin noch mal überarbeitet. Als nächsten Schritt spielte die Band dann in ihren Proben zu Demoversionen der Arrangements und anhand von denen haben wir dann noch gemeinsam daran herumgefeilt. Es brauchte dann natürlich hier und da für einige der Songs mehrere Anläufe, bis alles perfekt war, während die Arrangements für manch andere Songs ziemlich schnell feststanden. Innerhalb dieses Prozesses war jeder aus der Band stark involviert und hat sich auch sehr intensiv miteingebracht. Das war also für mich eine ziemlich enge Zusammenarbeit mit der Band in der Phase (war ‘ne tolle Zeit!). Als das Orchester dann zu den Proben dazu kam, stand also schon ziemlich lange fest, was sie zu spielen hatten. Und dann mussten sie einfach nur noch nach Noten spielen …

 

Hatte speziell „dein“ Orchester schon mal Berührungen mit Rock`n`Roll, oder waren die Kompositionen für die Onkelz-Songs Neuland für Dich?

 

Komplettes Neuland war das eigentlich weder für mich noch für das Orchester. Die Arbeit mit Bands war und ist für mich eine meiner Haupttätigkeiten und die Neue Philharmonie Frankfurt spielt eigentlich regelmäßig Crossover mit verschiedenen größeren Acts. Aber so ein Konzert wie das hier ist natürlich die absolute Superlative gewesen! An zwei Abenden vor 100.000 Leuten zu spielen, das hatten wir – so weit ich weiss – alle noch nicht … und ehrlich gesagt: Als ich die unglaublich große Bühne das erste Mal gesehen hab, ging mir ziemlich die Muffe … :-) War dann aber für mich persönlich so mit eines der tollsten Konzerte, bei denen ich dabei sein durfte …