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22.11.2016 – Frankfurt II

Frankfurt, Frankfurt, Frankfurt – Sache gibt’s, die gibt’s net!

Heute Abend waren wir alles Frankfurter Jungs und Mädels und das schreibt jemand, der aus Berlin kommt. Das will was heißen! Aber ihr habt mich als neuen Exil-Frankfurter gewonnen, meine Begeisterung für die eure entfacht und bewiesen, dass der mehr als gelungene Tourauftakt am Vorabend so etwas wie der Aperitif für die zweite Show war.

Als sich der Vorplatz zur Festhalle zusehends füllt, die ersten „Onkelz, Onkelz“-Rufe aus der Ferne den Weg weisen, ist zu erahnen, dass Teil II heute Abend noch eine Schippe drauf legen kann. Die Vorzeichen dafür stehen jedenfalls gut: Der Einlass beginnt pünktlich und läuft reibungslos. Für die kommenden zwei Stunden wird die Festhalle abermals zum Auffangbecken für Freude, Trauer, Wut und Schmerz. Eine Art von musikalischer Gruppentherapie, die von den Onkelz geleitet wird. Eine Führung durch die Klaviatur der Emotionen in 23 Akten, an dessen Ende genügend Dopamin freigesetzt wurde, um es bis zum nächsten Konzert auszuhalten.

Auf die Gefahr, dass ich mich wiederhole, tue ich es trotzdem: Die äußerst sympathischen „Vagabundos de Lujo“ überzeugen mich auch am zweiten Abend mit handwerklich ausgezeichneter Gitarrenarbeit und Frankfurt honoriert das mit verdientem Beifall. Zurecht! Bei ihrer Interpretation von „Auf gute Freunde“ und dem Gesang aus tausenden Kehlen, bestätigt sich mein Gefühl, dass das hier heute Abend eine glattte 10/10 werden kann.

Ihr Vagabundos: Wir sagen DANKE für zwei großartige Tage mit euch!

Nach einer kurzen Umbaupause gönne ich mir, wie gestern schon angekündigt, heute mal eine ordentliche Dröhnung von Beasto Blanco. Was die Vier dort abliefern kann sich absolut sehen lassen. Die harten Riffs und das treibende Drumming führt unweigerlich zum 4/4-Tremor im Kopf und in den Beinen. Frankfurt, sind wir uns da einig? Ich empfehle euch, die Jungs auf jeden Fall einmal auf den kommenden Shows abzuchecken.

Abchecken ist übrigens, ein gutes Stichwort: Wir sollten mal Facebook-Live abchecken, haben wir uns gedacht. Ihr wisst schon, dieser neumodische Krempel aus dem Internetz. Was 2005 nur mit überdimensionierter Technik denkbar war, ist heute gar kein Problem mehr. Live-Stream von überall und nirgendwo – klingt interessant. Wir entscheiden uns für „Auf die Freundschaft“. Stephan spricht vor dem Song von einer „Familie, die ihres Gleichen sucht“ und genau deshalb wollen wir diesen auch mit denjenigen teilen, die nicht oder noch nicht live dabei sein können/konnten. Die Aktion sprengt unsere ambitioniertesten Erwartungen und in nicht einmal 24 Stunden hat der Song mehr als eine halbe Million Aufrufe. Wir finden, gar nicht schlecht für den Anfang. Da geht aber sicher noch was…

Im Anschluss daran mache ich mich, zusammen mit unserem Fotografen, Christian Thiele, auf den Weg durch die Ränge, um die – bereits gestern beschriebene – „Emotion des Moments“ einzufangen. Christian im Bild und ich im Wort. Unser Weg führt uns über den ersten Rang, wo wir auf ein älteres Pärchen treffen, was sich in den Armen liegt und den „Schutzgeist der Scheiße“ besingt, oder bekriegt. Ich glaube, letzteres. Die Bilder auf den Leinwänden, das Licht und die Schwere der gesungenen Zeilen, wirken wie ein Strudel und spätestens beim Solo sind beide ein Teil des Songs. So geht es vielen, glaube ich. Die Assoziation mag für jeden unterschiedlich sein – die Identifikation hingegen ist immer gleich. Wir gehen mal weiter…

Ein paar Blöcke daneben treffen wir auf einen langhaarigen Metaller, der bei der Ansage von „Lieber stehend sterben“ zunächst so laut und ekstatisch brüllt, dass Christian ohne Probleme ein Bild seiner Mandeln gelingen würde, um dann von Anfang bis Ende jede einzelne Note auf seiner Luftgitarre (ich vermute eine Gibson) mitzuspielen. Einschließlich des Solos, versteht sich.

Der Innenraum läuft derweil zur Höchstform auf, ehe mit „Nur die besten sterben jung“ ein weiterer Song der Setlist folgt, der wie in einer Achterbahn zwischen hoch und tief Erinnerungen hervorruft, die der Alltag eigentlich längst verdrängt haben sollte. Hatte er zumindest versprochen. Viele im weiten Rund schließen die Augen und ich frage mich, was das wohl für Bilder sind, die jetzt in ihren Köpfen sind. Nichts, was wir in Bild und Wort beschreiben können.

Was ich aus musikalischer Sicht am neuen Set besonders mag, sind die oktavierten Stimmen im Refrain einiger Songs. Dazu zählt zum Beispiel „Jeder kriegt was er verdient“, oder „52 Wochen“. Insgesamt fällt auf, dass sich Gonzo mehr und mehr auch gesanglich einbringt, was dem ganzen Eindruck auf der Bühne mehr Homogenität gibt.

Wir wechseln noch ein letztes Mal den Standort und treffen auf der gegenüberliegenden Seite im 1. Rang auf ein Pogopotpourie im Innenraum, bestehend aus Frauen und Männern verschiedenen Alters. Die musikalische Einladung für ein Tänzchen folgt postwendend mit „Danke für nichts“. Und weil man auf einem Bein nicht (mehr) stehen kann, legt die Band mit „Bomberpilot“ direkt nach. Aus Schweiß, Rotze und Bier entsteht in Windeseile, bei gefühlten 40 Grad im Innenraum, eine spiegelglatte Eisfläche, die selbstredend ausprobiert werden möchte. Von oben erinnert es mich irgendwie ans Leben: Auf der Schleimspur anderer ausrutschen, hinfallen und wieder aufstehen. Angerempelt werden, hinfallen, jemand mit nach unten ziehen, wieder aufrappeln und von vorn beginnen usw. Vielleicht ist die Interpretation aber auch viel zu philosophisch und eigentlich ist der Grund ganz einfach: Spaß. Ich bin glücklich, dass nach dem Zugabenblock alle wieder stehen und sich in den Armen liegen – sei es nun aus Zuneigung, oder weil anders keine Körperspannung mehr hergestellt werden kann. Egal, Hauptsache ihr habt Spaß!

Mit „Erinnerungen“ schließen wir das Kapitel Festhalle in Frankfurt für 2016 vorerst. Ich könnte mich jetzt noch auf mindestens 2 Seiten in Superlativen der beiden Abende verlieren, verzichte aber und zitiere stattdessen lieber Stephan:

„Frankfurt, es waren zwei gnadenlos geile Konzerte!“. Punkt.

Marco Matthes

 

Fotocredits: www.christianthiele.de

 

11 comments

  1. Norbert - 6. Dezember 2016 23:10

    Die Stimmung war Weltklasse – der Sound Kreisklasse
    Ich wahr im Laufe der Zeit bestimmt auf zehn Onkelz Konzerten, aber so einen miesen Sound hatte ich noch nie – hoffentlich ist MÜnchen besser

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    • Norbert - 6. Dezember 2016 23:11

      Wenn man die Texte nicht gekannt hätte, hätte man kein Wort verstanden…

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  2. Stephan Müller - 2. Dezember 2016 19:34

    Also…..ich bin 42 und war auch schon auf vielen vielen onkelz Konzerten und ich fand Frankfurt nicht befriedigend. Ich fand Frankfurt Weltklasse Hammergeil.

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  3. Neffe74 - 27. November 2016 13:55

    Danke,für den geilen Abend!!!Alleine die Anreise von Limburg mit dem Rockshuttle war ein Knaller.Hammer Konzert mit Meeeeeegaaaaa Stimmung.Schade nur das ich keinen Becher bekommen habe ?

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  4. Manu - 25. November 2016 13:52

    Unglaublich tolles Konzert mit einer Weltklasse Stimmung in der Halle. Die Anreise aus Augsburg hat sich total gelohnt. Vielen Dank allen, die dazu beigetragen haben.

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  5. Daniel Brandt - 25. November 2016 02:14

    Geil das in Dortmund ein Livealbum aufgenommen worden ist, Stephan sagte es zumindest.

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  6. Kai Mendolicchio - 24. November 2016 22:06

    Hallo Marco,
    für mich ließt sich dein „Tourtagebuch“ wie von jemandem der nicht am Lausitzring dabei war, sich die Seele auf dem Leib gebrüllt und geheult hat weil die Väter seiner Gedanken und seines Seins auf einmal weg sein sollten.
    Entschuldige meine Kritik aber belehren mich eines Besseren.
    Ich werde jeden Bericht lesen, mir die Kommentare meiner Freunde anhören die den Onkelz nachreisen und Ende des Jahres entscheiden wie es für mich mit den Onkelz weiter geht.
    Ich fand Ffm1 bestenfalls Befriedigend.

    Gruß aus Bad Nauheim,
    Kai Mendolicchio

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  7. Synthesizer - 24. November 2016 15:50

    Das zweite Konzert in Frankfurt war das erste Konzert für uns auf dieser Tour und es hat sich wieder mal sowas von gelohnt…! Allein die Anreise vom Bodensee, jeder zurückgelegte Kilometer steigerte die Vorfreude auf die geilste Band in der geilsten Stadt. Der ganze Abend war eine Reise durch den Wahnsinn und magischer als eine unsichtbare Bremsspur in David Copperfield’s Unterhose. Ich hab es dann bis ganz nach vorn geschafft, leider habe ich dabei meinen Kumpel verloren, den ich erst nach dem Konzert bewusstlos im Hotelzimmer wieder gefunden habe, bis 4 Uhr morgens bin ich dann noch allein durch die Strassen Frankfurts gezogen und muss sagen, ICH LIEBE DIESE STADT! Wenn nur der Morgen danach nicht so ernüchternd wäre,.. denn schnell wird klar, dass es lange 6 Tage dauert bevor es dann endlich in Stuttgart für uns weiter geht. Mir pfeifen jetzt noch die Ohren, mein Tinnitus ist schlimmer denn je aber ich freu mich riesig auf die nächsten Konzerte!

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    • Sascha - 24. November 2016 18:37

      Stuttgart naht, Montag sicher, Sonntag vielleicht.

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  8. Sabrina Albert - 24. November 2016 15:48

    Ihr seilen Gäue!!!
    Für immer Onkelz! … Gott hat ein Probleheeem

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  9. Micky - 24. November 2016 12:13

    Danke!
    Der Text ist gnadenlos gut, die Bilder genauso. Das Konzert immer noch unpackbar. Stimme grad wieder da und morgen gehts in Dortmund weiter. Auf die Freundschaft! Auf die Onkelz! Eine Liebe, die niemals endet… *hut zieh* :-)

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