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Von Köln aus führt uns die „Hier sind die Onkelz“-Tour 2025 als nächstes in Richtung Süden, in das 575 Kilometer entfernte Zürich in der Schweiz. Die Schweiz, ein absolutes Highlight einer jeden Tournee, stand seit Mai 2002 bislang insgesamt fünfmal auf dem Plan. Zürich, eine Stadt, die seit unserer Ankunft am Freitag nichts von dem vermissen lässt, was man über sie sagt und liest. Mehrere internationale Studien ranken Zürich in den Bereichen, Infrastruktur, Gesundheit und insbesondere in der Lebensqualität unter den Top 3 dieser Welt. Die erste deutsche Stadt in diesem Ranking ist übrigens… Na? Richtig, Frankfurt (Platz 7), was uns eine hervorragende Steilvorlage für diesen Konzertbericht liefert.
Das Konzert in Zürich ist das einzige auf unserem Reiseplan, das nicht als Doppelshow gespielt wird. So hatten wir dieses Mal glücklicherweise auch zwei Off-Days vorab. Die beiden showfreien Tage nutzen wir daher, um Zürich und diese malerische Kulisse aus Bergen, Seen und verwinkelten Straßen intensiv zu erkunden. So begannen wir unseren Tag also mit etwas Sport, einer Laufeinheit und anschließendem Ausflug mittels Fähre zum Zürichsee, genau gesagt, nach Thalwil. Schon auf dem Weg dorthin fällt uns auf, wie entspannt und freundlich die Züricher sind und wie offen und hilfsbereit man uns begegnet. Das ist jetzt auch nicht in der Stadt so, um ehrlich zu sein. Aber die Schweiz, ist eben die Schweiz – unabhängig, unparteilich und irgendwie in sich ruhend. Hier normalisiert sich jeder zu hohe Blutdruck von selbst. Es scheint, als liege eine natürliche Mischung aus Lavendel und Baldrian in der Luft. Kein Wunder, dass sie Jahr um Jahr in den zitierten Rankings ganz vorn mit dabei ist. In Thalwill angekommen, suchen wir uns zu fünft eine kleine freie Stelle am Zürichsee, um mal wieder baden zu gehen. Neun Grad Außentemperatur bei angenehmen Nieselregen und acht Grad Wassertemperatur waren einfach zu verlockend. Nach den zwei Grad im Maschsee von Hannover, war der Zürichsee mit seiner verhältnismäßig hohen Temperatur, fast so warm wie ein Aufguss in einer finnischen Dampfsauna. Von dort aus trieb es uns anschließend zurück in die Innenstadt und auf die dortigen Weihnachtsmärkte. Preislich ist die Schweiz allerdings, wie soll ich’s sagen, eher ambitionierter unterwegs. So hatten wir bei drei Flaschen Wasser aus dem Supermarkt kurz darüber nachgedacht, ob wir eine Finanzierung bei unserer Bank anfragen müssen. Mit 40 Euro habe ich schließlich am Abend noch den teuersten Dönerteller meines Lebens gegessen. Pleite, aber glücklich ging es dann zurück ins Hotel.
Am nächsten Showtag bestätigte sich mein Eindruck aus den beiden Tagen zuvor: Auch an und in der Halle waren das örtliche Personal aufgeschlossen, freundlich und hilfsbereit. Seit den frühen Morgenstunden campieren auch in Zürich wieder unsere altbekannten Gesichter aus der ersten Reihe. Den gesamten Nachmittag hängt über dem Hallenstadion ein fettes Regenband, was das Ausharren bis zum Einlass noch unangenehmer macht, als bei einstelligen Temperaturen ohnehin schon. Wir können es nicht oft genug sagen: Das, was ihr dort auf euch nehmt, ringt uns Abend für Abend unseren allerhöchsten Respekt und höchste Dankbarkeit ab!
Als um 20:42 Uhr das Licht im Hallenstadion in Zürich erlischt, beginnt ein lautes Pfeifkonzert im weiten Rund. Dieser eine Moment, der aus dem profanen Ausschalten des Lichts der Halle besteht, ist in jeder Stadt und an jedem Abend für mich magisch. Es ist noch kein Ton gespielt, kein Intro hat begonnen und die Band ist noch nicht sichtbar – es geht einfach nur das Licht aus. Das visuelle Startsignal, das unisono jede Halle dieser Tour in einen Katalysator für Emotionen, Gefühle und Leidenschaft verwandelt, an dessen Ende eine Energie entsteht, die man mal erlebt haben muss, um sie zu fühlen.
20:43 Uhr, es hallt „Oh, wie ist das schön“ – immer und immer wieder. Neben der an den Seiten abgehängten Bühne kann man durch den Stoff sich bewegende Taschenlampen erkennen. Es knistert spürbar. Stephan & Gonzo kommen zur Bühne, gefolgt von Kevin. Pe hat bereits hinter den mächtigen LED-Wänden, auf denen parallel noch das Intro läuft, hinter seinem Schlagzeug Platz genommen. Dann öffnet sich der Vorhang aus tausenden von Lichtern und geben den Blick frei auf die vier Frankfurter – Hier sind die Onkelz!
Seit dem Tourauftakt in Leipzig, liefert die Band jeden Konzertabend ein knackiges, pures Rock´n´Roll Set. Kein Pyro, kein Feuer, kein Prosa. Nur echter Rock und das mit einem audiovisuellem Erlebnis, das sich hinter kaum einer Show in Deutschland zu verstecken braucht. Nein, die Band ist sichtlich gut drauf, authentisch und liefert das, was man von einem Onkelz-Konzert erwarten darf: Eine Reise durch den Wahnsinn, durch Licht und Dunkelheit. Kevin, der wahrscheinlich bereits in jedem Social-Media Kanal mindestens einmal pro Monat in die Rockerrente geschrieben wurde, ist da, ist präsent, ist klar und stimmgewaltig. Und wenn ich mir Stephan, Gonzo und Pe so physisch Abend für Abend anschaue, habe ich das wohlige Gefühl, dass diese Band noch Jahre so weitermachen kann. Und dann hoffe und wünsche ich im selben gedanklichen Atemzug, dass ich mit über sechzig Jahren auch noch so fit und mental auf der Höhe dastehe. Wenn wir schon beim Thema Präsenz und Physis sind, möchte ich unbedingt auch Vinny erwähnen. Wie sich dieser junge Mann sprichwörtlich in die Herzen der Band, der Crew und euch Fans gespielt hat, verdient allerhöchsten Respekt. Vinny singt jede Zeile, jeden Song an jedem Abend so voller Leidenschaft und Energie, als hätte er in den vergangenen 45 Jahren Bandgeschichte nichts anderes gemacht. Seine Entwicklung und sein Weg zeigt, dass man alles erreichen kann – wenn man wirklich will.
Nachdem Köln am ersten Tag mehr als beachtliche 107 dB bei „Terpentin“ aufs Paket gebracht hat, war die Messlatte für Zürich entsprechend hoch. Am Ende reichte es mit mehr als ordentlichen 106,6 dB hauchzart nicht für Platz 1 unseres Tour-Rankings. Zürich schiebt sich allerdings damit auf Platz 2 an Hannover vorbei. Hätte der ein oder andere auf der Tribüne, sitzend wie beim Pferderennen, noch den Weg in die Vertikale gefunden – wer weiß, wo Zürich hätte landen können.
Stimmungsvoll und atmosphärisch wurde es dann einmal mehr mit „H“. Über kaum einen anderen Song haben wir in den diversesten Konzertberichten so viel geschrieben, ihn so oft versucht in Worte zu fassen, wie „H“. Und während ich diese Zeilen schreibe, läuft es mir schon wieder eiskalt den Rücken hinunter, wenn ich ihn mir aus meinem inneren Auge ins Bewusstsein hole. Nachdem das F-Moll im weiteren Rund des Hallenstadions verklungen war, gab es noch minutenlang „Kevin, Kevin“-Rufe. Sichtlich bewegt, sind das doch jene Momente, die die Verbindung zwischen der Band und euch Fans so besonders macht.
Abschließen möchte ich mit einem Song, der in jedem Jahr, zu jeder Zeit und bei jedem Konzert, jedes Publikum stimmungstechnisch zum Sieden bringt: „Auf gute Freunde“. So auch im Züricher Hallenstadion. Pogo bis unters Dach, laute Chöre und unzählige Menschen, die sich teils mit Tränen in den Augen, in den Armen liegen. Das ist pure Extase – das sind die Onkelz! Die Nummer funktioniert einfach immer und überall und führt nicht umsonst das Ranking der meist gestreamten Songs der Band an.
So schön diese Momente auch sind, die wir gemeinsam unter dem Dach erleben, das uns die Onkelz in diesem und im kommenden Jahr bieten, so vergänglich sind sie auch. Alles hat seine Zeit – das Leben geschieht bekanntlich immer nur im aktuellen Erleben. Deshalb ist es so wichtig, dass wir jeden dieser Momente, auch heute Abend in Zürich, im Bewussten genießen und jedes Gefühl, das wir in den fünfundzwanzig Kapiteln eines jeden Konzerts, ganz tief in uns vergraben – und nicht auf der Speicherkarte unseres Handys.
Danke, Züri!
// Marco Matthes
// Christian Thiele




















