Neues

Von Hannover geht es in Nordrhein-Westfalens größte Stadt und eine der vier größten Städte Deutschlands. Eine Metropole, die noch gar nicht so lang Onkelz-City ist. Ich bin Jahrgang 1982,
also zwei Jahre nach Bandgründung geboren. Mein erstes Onkelz-Konzert erlebte ich 1996 in Dortmund. Ich erinnere mich noch sehr gut daran und ebenso an die vielen Shows im Ruhrpott in den folgenden Jahrzehnten. An Köln hingegen erinnere ich mich kaum, da es bislang nur sehr wenige Shows dort gab. 2022 war großartig, aber in den Neunzigern und Nullerjahren hatte die Domstadt überhaupt keinen Bock auf die Onkelz. Etwas, das sich glücklicherweise geändert hat. Wie so vieles.

Was bedeutet es im Jahr 2025, ein Onkelz-Fan zu sein? Diese Frage zu beantworten, ist
zumindest bei mir schwer. Und doch möchte ich es in den nächsten Zeilen versuchen.

In Köln ist auch der WDR, und bei WDR 4 liefen vor wenigen Tagen (genau genommen letztes Wochenende) nachts um eins die Onkelz mit „Auf gute Freunde“. Ein Freund schickte mir ganz
aufgeregt ein Foto des abfotografierten Radiodisplays und ich war verblüfft. Was war passiert? Hatte der Praktikant, selbst Onkelz-Fan, allen Ansagen zum Trotz auf eigene Faust gehandelt und die „böse Band“ gespielt? Nein, die Onkelz liefen, weil die Leute sie gerne hören und in die 400 besten Songs aller Zeiten (oder so ähnlich) gewählt haben. Natürlich schaute ich einen Tag später auf die Social-Media-Präsenz des WDR. Natürlich entflammte eine Diskussion über die Band und darüber, warum der WDR jetzt plötzlich die Onkelz spielt, die vom Moderator des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sehr charmant abmoderiert wurde. Man habe der ewig geführten Diskussion rund um die Onkelz nichts beizutragen, habe aber intern entschieden, dass sie gespielt würden. Fertig.

Ich denke mir: Schön, dass sich anscheinend was zum Positiven verändert. Dennoch ist an anderer Stelle viel zu viel beim alten. Auch 2025 sind die Onkelz zum Glück kein Mainstream.

Die Tour heißt ja bekanntermaßen „Hier sind die Onkelz“ und das gleichnamige Album, das dieses Jahr 30 Jahre alt geworden ist, reiht Hit an Hit. Es gehört definitiv zu meinen BO-Top 5, vielleicht sogar zu den Top 3.

Ich freue mich sehr, dass man dem Album mit dieser Tour den verdienten Tribut zollt. Die Lanxess- Arena, in der wir jetzt die nächsten zwei Tage gastieren, ist die größte Indoor-Venue, die eine Rockband in Deutschland spielen kann. Ein Hexenkessel sondergleichen. Bis unter die Decke stapeln sich die Leute. Das sah völlig irre aus. Ich vergleiche das unwillkürlich mit der Westfalenhalle in Dortmund und muss als Ruhrpottkind gestehen: Die Lanxess Arena ist krasser. Viel, viel krasser.

Der logistische Aufwand, der hinter diesen Shows steckt, ist enorm. Um die ganz jungen Fans abzuholen: „Was hinter den Kulissen abgeht … Das crazy!“ Die Crew ist ein absolut eingespieltes Team. Ich, der nur diese beiden Shows der Tour besucht, fühle mich fast fehl am Platz und möchte niemanden stören oder zur Last fallen. Überall wird gearbeitet und geplant, damit um 20:45 Uhr alles (und niemand mehr) sitzt. Can, der die Gästeliste betreut und viele andere Dinge erledigt, ist ein sehr entspannter Zeitgenosse, mit dem man gut zusammenarbeiten kann. Marco, mein Freund und Arbeitskollege im Kosmos der Onkelz seit fast 20 Jahren, organisiert die Presse, unterstützt Can bei der Gästeliste, schreibt die Tourberichte. Alle Gewerke greifen wie Zahnräder ineinander. Es braucht dann eigentlich „nur“ noch eine gut aufgelegte Band und euch, um die Abende unvergesslich zu machen. Ich greife vorweg: Es folgt ein Spoiler! Der zweite Tag der KölnShow hat stimmungstechnisch den ersten getoppt, auch wenn sich Köln 1 den Pokal für das lauteste „Ohhoho“ (107 dB) nach Terpentin in den imaginären Pokalschrank stellen darf.

Was bedeutet es 2025, ein Onkelz-Fan zu sein? Bedingungslose Hingabe. Fangesänge von ganz unten bis ganz nach oben – und das ist in der Lanxess-Arena wirklich knapp unter der Decke –, die sich nicht langsam, sondern immer schneller zum lautesten Chor der Welt hochpeitschen.

Das Intro, Freunde! Wahnsinn. Ich habe im Vorfeld extra darauf verzichtet, mir die diversen Clips auf YouTube anzusehen, die von Menschen mit ihren Handys gefilmt wurden, statt den Moment zu genießen, der bei jeder Onkelz-Show einzigartig ist und in dieser Intensität von keinem iPhone oder Pixel der Welt eingefangen werden kann. Das vermisse ich ein bisschen, auch wenn ich keiner „guten alten Zeit der Neunziger“ hinterhertrauere. Das Kollektiverleben war jedoch ein anderes, da alle auf den Moment fokussiert waren, statt für den Moment den Fokus scharfzustellen.

Zurück zum Thema: Das Intro ist eine Hommage an so vieles, das die Onkelz-Historie so unvergleichbar macht. Wer alle Reminiszenzen erkennt, die darin abgefeuert werden, darf sich gerne bei mir melden: dennis@onkelz-offiziell.de. Ich bin gespannt und freue mich auf eure Antworten. Da steckt einiges drin, was nicht so offensichtlich ist.

Jedenfalls erzählt mir Markus Hollmann, der Chef unserer Agentur „Blitzen“, vor dem zweiten Showtag, dass zwei Mitarbeiter viele Stunden an dem Ding gearbeitet haben: Sie haben gepromptet, verworfen und wieder neu gemacht. So lange, bis die KI genau das ausgeworfen hat, was wir Abend für Abend sehen. Es ist unglaublich faszinierend, wozu die Künstliche Intelligenz mittlerweile fähig ist, solange man sie mit gutem Ausgangsmaterial füttert. Ich liebe diese Reise durch die Onkelz-Welt, die folgerichtig wieder beim Cover der „HSDO“ endet und nahtlos in den Opener übergeht, an dem kein Weg vorbeiführt. Mit Kevins „JAAAAAA“ brechen in Köln alle Dämme. Zwei Stunden Fahrt in den Himmel, den Weg von vier Frankfurter Jungs geebnet. Angeschnallt ist hier allerdings niemand. Lüge.

Ich möchte nicht auf jeden einzelnen Song eingehen, sondern meine persönlichen Highlights mit einer Anekdote ausschmücken. Die raue, sehr geerdete Produktion des „HSDO“-Albums von 1995 hatte mich seinerzeit total gepackt. Auch Kevins Stimme, die sich nach 1992 und 1993 erneut veränderte und zu diesem berstenden Reibeisenorgan wurde, wie wir es bis heute kennen, hat mich begeistert. Seit diesem Album bin ich völlig im Bann von Russell. „Hier sind die Onkelz“ ist für mich das erste Album, auf dem Kevins Stimme genau diese Mischung aus Brutalität, Authentizität und Verletzlichkeit hat, für die ich sie so sehr liebe. Dass Kevin es an beiden Köln- Abenden wieder einmal schaffte, seine Urgewalt von 1995 zu channeln und „Finde die Wahrheit“, „Wer nichts wagt, kann nichts verlieren“, „Ich“ und vor allem „H“ so vorzutragen, dass man glauben konnte, die Stimme dieses Mannes sei 30 Jahre jünger, war unglaublich. Aber wahr.

Talking about „Ich“. „Ich will mindestens die Welt verändern, bevor ich geh.“ Das ist nicht umsonst auch eine Art inoffizieller Leitspruch des B.O.S.C. geworden, der in Köln wieder fantastische Arbeit leistet. Damit sind nicht nur Jackie und Woody gemeint, sondern auch die Buscrew, zu der stellvertretend „Trüffelchen“ und „Thorhammer“ gehören, die den Doppeldecker fahren, sowie „Pacco“ und „Nine“, Annegret und „Bomberpilot“. Es sind so viele. So tolle Menschen. Einige von ihnen gehören mittlerweile zu meinem engsten Freundeskreis und ich werde Woody und Jackie mein Leben lang dafür dankbar sein, dass sie mir diese Menschen vorgestellt haben. Es werden Spenden für die „Patenonkelz” gesammelt und sehr viele Neumitglieder in den B.O.S.C. aufgenommen. In seiner Schlussansage bedankt sich Stephan für den unermüdlichen Einsatz dieser großartigen Menschen. In einem Podcast hörte ich kürzlich, dass Altruismus eine Lüge sei. Echter Uneigennutz existiere nicht, da selbst Mutter Teresa nur deshalb gutherzig war, weil sie auf die Heiligsprechung und die Himmelstore hoffte. Ich finde, das ist eine steile These, die mir zu zynisch ist. Letzten Endes ist es doch scheißegal, ob Gutes bewegt wird, weil sich diejenigen, die Gutes tun, gut fühlen wollen, statt gar nichts zu machen. Ein gutes Gefühl ist die geringste mögliche Belohnung für diejenigen, die für andere barfuß durchs Feuer gehen. Anständiger wäre es, wenn die Gesellschaft sie schätzt. Eine bessere Gesellschaft als die unsere würde noch viel mehr Scheinwerferlicht auf die Heldinnen und Helden des Alltags werfen.

Wir tun das: Danke, dass es euch gibt, liebe Freundinnen und Freunde des B.O.S.C.!

Was bedeutet es, 2025 Onkelz-Fan zu sein? Soziale Verantwortung zu übernehmen. Zu erkennen,
wenn „Schwächere” die Hilfe von „Stärkeren” benötigen. Es bedeutet, dem B.O.S.C. beizutreten, bei den „Lichtern der Hoffnung“ mitzumachen, sich zu engagieren und in die strahlenden Gesichter derer zu schauen, deren Leben man für einen Augenblick lang besser gemacht hat.

Ich habe mich sehr über zwei Schätze aus dem „Bösen Märchen“ aus dem Jahr 2000 gefreut. „Lüge” und „Exitus”. Sie passen so gut in unsere zynische, kaltherzige Zeit, dass es mir ein Genuss ist, den dunklen Zeilen zu lauschen, die Stephan im Herbst 1999 zu Papier brachte.

„Stunde des Siegers” ist mein allabendlicher Killer. Ich habe eine sehr persönliche Beziehung zu diesem Song, seitdem ich ihn 1997 – mit 15 – für mich entdeckte. Im Discman lief die alte Rock- O-Rama-Scheibe „Böse Menschen – Böse Lieder“ rauf und runter. Die Nummer war so etwas wie mein Mutmacher, mein Schutzschild, mein Mana. Ich wurde aufgrund meiner jugendlichen Schwungmasse arg gemobbt, Anschluss hatte ich in der Schule keinen und musste stattdessen jeden Tag Spießroutenläufe ertragen. Ich ließ mich verprügeln, anspucken und psychisch runterziehen. PUR, die ich bis 1995 hörte, vermochten daran nichts zu ändern. Die Texte von IRON MAIDEN verstand ich nicht, aber als ich im Dezember 1996 die „E.I.N.S.“ kaufte und Russell bei „Danket dem Herrn“ singen hörte, wusste ich: Das ist sie. Das ist meine Lieblingsband. „Stunde des Siegers“ wurde ab da jeden Tag gehört. Auf dem Weg zur Schule und wieder zurück. Eines Tages fing ich an, mich zu wehren. Die Bullys ließen von da an von mir ab und mein Selbstvertrauen wuchs beinahe täglich. Wenn ich mich heute in Situationen fast mühelos behaupten muss und mich manchmal frage, woher mein großes Selbstvertrauen rührt, dann denke ich an diese Zeit zurück. Geht es dir auch so?

Das Licht auf dieser Tour ist wieder überragend. Genau wie der Ton. Aber beim Licht wird eben sichtbar, was man sonst nur hören kann. Onkelz-Shows sind bombastisch, aber keine Kirmes. Jeder Song ist licht- und lasertechnisch durchdacht und nicht auf das größtmögliche Bling-Bling ausgelegt. Manchmal fühle ich mich, als würde ich gleich in ein Raumschiff gebeamt werden, und ich denke an „Wir sind nicht allein“, den ich mir für nächstes Jahr wünsche.

Endlich ist „Weit weg“ auf der Setliste. Ich liebe diesen Song, der 1998 die B-Seite der Terpentin-Single war. Beim ersten Hören schloss ich ihn direkt ins Herz, denn mein 16-jähriges, schwer pubertierendes Herz, das die Onkelz erst damals ein Jahr in selbiges schloss, litt unter schwerem Liebeskummer. Der September 1998 war dunkel, der Herbst noch dunkler. Und der Song passt heute noch immer wie die Faust aufs Auge. „Winter im Herz“. Kevins Stimme ist genau richtig. Verletzlich, aber nicht weinerlich. Gonzo spielt wunderschön, Stephan intoniert den Refrain perfekt und Pe meistert ohnehin jeden Abend mit der Präzision des oft beschriebenen Uhrwerks.

Was war noch geschehen? Am ersten Tag kamen alle Besucher in den Genuss, „Terpentin“ zweimal zu erleben. Stephan hatte dieses Stück als „lautes, wildes, junges Onkelz-Feuer“ angekündigt. Am ersten Abend entwickelte es sich zu einer ganz eigenen … äh, nennen wir es „Interpretation“. Prompt wurde es noch einmal aufgeführt. Fehlerfrei und mit anschließendem Dezibel-Rekord.

„Ein Mensch wie du und ich“ … Wahnsinn. Dass ich das Stück nach dem Matapaloz 2018 noch einmal live hören würde, hätte ich nicht gedacht. Wilde, rohe Energie. Punk. Das ist Punkrock. Das ist Kraft.

Wir müssen nochmal kurz über „Ohne mich“ sprechen. Die Antifa hat in viereinhalb Jahrzehnten so viel Müll über die Band, euch und uns alle ausgekippt, dass sie sich diese Zeilen 1998 redlich verdient hat – ebenso wie die Tatsache, dass sie 2025 noch immer gesungen werden. Es geht dabei nicht um einzelne Menschen, die (wie immer) korrekt sein können. Es geht um Ideologie. Um das Ablehnen selbiger, weil jede Ideologie die Wahrheit abdeckt, die Gläubigen verblendet und den Blick aufs Wesentliche versperrt. Weil beeinflussbare Menschen für die Einflüsterungen von ganz rechts, ganz links, von Religion und Politik sensibilisiert und schlimmstenfalls zu deren Marionetten werden.

Was bedeutet es, 2025 Onkelz-Fan zu sein? Weiterhin Haltung zu haben. Nach oben zu treten, nicht angepasst zu sein und sich auch dann sein kritisches Denken zu bewahren, wenn der Gegenwind stärker und die See rauer wird. In diesem noch jungen Jahrzehnt wurde versucht, zu spalten, wo es nur geht. Die Gesellschaft ist von starken Rissen durchzogen. Die Menschen denken wieder so sehr in Schubladen, wie ich es persönlich noch nie erlebt habe. Vielleicht muss wirklich alles kollabieren, um die kreative Kraft der Zerstörung zu nutzen und Neues aufzubauen. Aber vielleicht geht es auch anders. Vielleicht reißen wir uns alle am Riemen, denken nach, fühlen mit und machen die Welt einfach jeden Tag ein kleines bisschen besser. Wir werden zur besten Version unserer selbst. Und das mit unserer eigenen Energie, unserem Mana, statt uns von LinkedIn-Coaches erklären zu lassen, wie dieses und jenes geht.

Wir sind der Schlüssel für fast jede verschlossene Tür. Und falls diese doch mal aus zentimeterdickem Stahl sein sollte, reicht oft nur ein Lied unserer Onkelz, und wir nehmen extra Anlauf und gehen die Extrameile. So wie ihr, Köln. Ihr wart zwei Tage lang ganz großes Kino. Ich habe jeden Moment mit der Band, mit euch, mit der Crew und mit mir selbst genossen.

Wir sehen uns nächstes Jahr!

📝 Dennis Diel

📸 Christian Thiele (Bild 1-19) & Tobias Stark (Bild 20-25)

2 comments

  1. Thorsten - 7. Dezember 2025 13:17

    Sehr gut geschrieben
    Es war einfach ein Mega Gefühl
    Ich war selbst das erste Mal in dieser Arena und dann 107 DB Chorgesang .
    weiter so
    Wir sehen uns im Waldstadion 2026
    Bleibt Gesund

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  2. Axel V. - 7. Dezember 2025 13:15

    Der Abend war wieder ein Treffen mit Freunden und unsere Stimmen, die meiner Frau und mir, sind immer noch weg, heute ist Sonntag und wir waren am Mittwoch auf dem Konzert.

    Vielen Dank für Euren Einsatz und wir freuen uns schon auf das nächste Jahr in Gelsenkirchen.

    Axel und Sabrina V.

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