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Freunde ungekürzter Interviews,
da müssen SPORT1 auf dem Weg durch die Redaktionsinstanzen ein paar Fragen und Antworten abhanden gekommen sein.
SPORT1: Herr Weidner, vier ausverkaufte Konzerte in Hockenheim. Die Vorbereitung ist so etwas wie ein Trainingslager?
Stephan Weidner: Schon, aber das Training beginnt für jeden persönlich schon viel früher. Mitte April fangen die Bandproben an. Davor muss sich jeder mit den Songs und der Songauswahl befasst haben und die einigermaßen drauf haben. Außerdem kommt auch eine gewisse physische Vorbereitung dazu. Man muss fit werden, um die nötige Balance bei den Konzerten zu haben.
SPORT1: Vier Tage Hockenheim waren schnell wieder ausverkauft. Es kommen rund 400000 Fans. War das zu erwarten?
Weidner: Das ist nicht nur für die Onkelz das Größte, was man machen kann, sondern für jede Band der Welt. Unsere Bühne wird Dimensionen haben, wie es sie noch nie gab. Vielmehr geht nicht. 400.000 Zuschauer an 2 Wochenenden, das wird ein Rekord für die Ewigkeit sein. Wir sind selbst überrascht, mit welchem Schwung das alles wieder los ging. Die großen Hallen sind fast schon zu klein für unsere 2016 geplante Deutschland Tour
SPORT1: Sie sind das Gehirn der Onkelz. Ähnlich wie all die Jahre Heribert Bruchhagen bei Eintracht Frankfurt, ihrem Herzensverein. Wie gehen Sie mit der Chefrolle um?
Weidner: Das konnte man bis 2005 so sehen. Seit unserer Reunion lastet die Verantwortung aber nicht mehr allein auf meinen Schultern, worüber ich mich sehr freue. Das macht unsere Rückkehr noch authentischer, spannender und schöner. Alle ziehen mit. Vor allem Gonzo, der die Geschäfte unserer Firmen führt, muss an dieser Stelle genannt werden. Der Bruchhagen Vergleich hinkt somit. Habe ich früher vieles entschieden, entscheiden wir heute alles zu Viert. Mehr Auge in Auge haben wir nie zusammen gearbeitet.
SPORT1: Sie sind eingefleischter Fan von Eintracht Frankfurt. Wie zufrieden Sie mit der aktuellen Saison?
Weidner: Ich bin sehr zufrieden. Der Verein hat mit Thomas Schaaf einen wirklich guten Trainer geholt. Wir waren alle in großer Sorge, wer da nach Armin Veh kommen würde. All die Trainer, die anfänglich im Gespräch waren, haben uns den Angstschweiß auf die Stirn getrieben. Ich weiß nicht, ob jeder vom Schaaf überzeugt war, aber ich mochte den in Bremen schon sehr. Ich mag seine ruhige Art, finde er hat eine unheimlich gute Ausstrahlung und ich mag seinen trockenen Humor. Und natürlich ist er ein fantastischer Trainer, der bei Werder tolle Erfolge feiern durfte und das mit der Eintracht hoffentlich noch tut. Die Eintracht im sicheren Mittelfeld zu platzieren, ist ordentlich. Nach oben wäre noch so einiges möglich gewesen, aber wir stellen uns auswärts einfach zu dämlich an. Gerade gegen die Vereine die tabellarisch hinter uns liegen. Das eine oder andere Abwehrloch dürften wir gerne mal stopfen, aber ansonsten sind Spiele mit Eintracht Beteiligung immer ein Riesen-Spektakel mit vielen Toren. Wir können uns also nicht beschweren.
SPORT1: Was sagen Sie dazu, dass Heribert Bruchhagen als Eintracht-Boss im Sommer aufhören wird?
Weidner: Der hat die Diva Eintracht, und das ganze Chaos um den Verein, verstanden zu zügeln. Er hat Ruhe und Sachlichkeit reingebracht, das hat der Eintracht in der Vergangenheit oft gefehlt. Der Mann war und ist gut für die Eintracht. Das einzige, was er hätte verhindern sollen, sind 5 Jahre Friedhelm Funkel. Die Zwei waren sich etwas zu grün. Funkel war zwar erfolgreich, aber der Fußball, den er hat spielen lassen, war brutal unattraktiv. Aber das ist jammern auf hohem Niveau, haha.
SPORT1: Wie sehen Sie das Problem der Kommerzialisierung im Fußball?
Weidner: Ich sehe das natürlich kritisch. Überall, wo Red Bull, VW oder Bayer drauf steht, ein Scheich oder ein Oligarch dahinter steht, verlieren Vereine meine Sympathie. Was wäre, wenn bei der Eintracht so ein Mann oder Konzern daherkäme? Ich weiß es nicht. Klar wünschen wir in uns Frankfurt europäischen Fußball und ein Spitzenteam im oberen drittel der 1. Liga, aber so? Ich weiß, man wird diesen Trend nicht aufhalten können, aber gut finden muss ich das nicht. Fußball ist für mich Vereinsarbeit, liebe zur Region, Tradition und Herzblut. Mutter, Vater, Fußballverein. Einen Fußballklub sucht man sich nicht aus und Erfolg sollte man sich nicht erkaufen können, den muss man sich erarbeiten und verdienen. Entweder man schafft es erfolgreich zu sein oder eben nicht. Im schlimmsten Fall geht man mit seinem Verein durch dick und dünn, steigt mit ihm ab und wieder auf und wieder ab. Ich hatte mit der Eintracht eine Menge Spaß in der 2. Liga. Da wird auch klasse Fußball gespielt. Die Liga ist nicht wirklich entscheidend, wenn man sein Herzblut einem Verein geschenkt hat.
SPORT1: Sie haben Red Bull schon angesprochen. Für viele ist RB Leipzig ein Feindbild. Für Sie auch?
Weidner: Nein. Vielleicht weil ich Leute aus dem Umfeld des Vereins kenne. Ich sehe das nicht ganz so extrem. Natürlich darf man sich darüber beklagen, wenn Klubs mit viel Geld in den Ligen durchmarschieren, während manch Traditionsverein täglich ums überleben kämpft. Das ist ein Reibungspunkt. Ich kann das emotional total nachvollziehen. Bevor es Bayer, VW, Red Bull und andere milliardenschwere Investoren gab, waren die Bayern immer der Hass-Verein schlechthin. Alles, was erfolgreich wird, steht in der Kritik der Anderen. Damit müssen Vereine wie Hoffenheim, Ingolstadt, Leipzig, Wolfsburg und Co leben. Die kaufen alles weg, was nicht schnell genug weglaufen kann. Vereine machen tolle Jugendarbeit und werden dann ihrer Talente beraubt. Es lässt sich nicht verhindern, dass im Fußball große Investoren einsteigen. Sympathien genießen diese Vereine bei mir wenig bis keine. Hassen muss ich sie deswegen aber nicht. Menschen brauchen eben ihre Feindbilder. So ist das im Fußball und im Leben.
SPORT1: Inwiefern sehen Sie Parallelen zwischen der Bandgeschichte der Onkelz und der Entwicklung im Fußball?
Weidner: Wie meinen sie das? Im Fußball gibt es immer mehr Business-Seats und lederüberzogene Sitzplätze, die gibt es zum Glück bei einem Onkelz-Konzert nicht. (lacht) Aber wenn sie darauf anspielen, dass auch bei den Onkelz wie im Fußball alles größer und professioneller wurde, stimme ich ihnen zu. Der Fußball und die Onkelz leben von den Fans auf den Stehplätzen und der Authenzität. Ich sehe das pragmatisch. Für mich ist es entscheidend, wie die Leute zu ihrem Verein und ihrer Band stehen. Es ist für mich eine Frage der Ehre, für welchen Verein und in welcher Band ich spiele. Wenn ich Fußballer wäre, könnte mich bei Wolfsburg keiner mit Kohle locken, und ich würde nie bei einer Band wie „KISS“ einsteigen, haha.
SPORT1: Stehen Sie im Stadion auch im Block bei den Supporters?
Weidner: In jungen Jahren natürlich, aber heute geht das nicht mehr. Meine letzten Versuche im Fanblock zu stehen oder zu sitzen scheiterten daran, dass ich vor lauter Autogrammwünschen und Handy Fotos machen von den Spielen nichts mehr mitbekam. Obwohl ich im Ausland lebe, habe ich bis vor kurzem für jede Saison eine Dauerkarte besessen. 90% der Eintracht Spiele sehe ich aber leider nur via Sky. Verpassen tue ich aber keins.
SPORT1: Von den Onkelz gibt es den Song „Fußball und Gewalt“. Sie waren früher kein zahmer Junge. Wie beurteilen Sie das gestiegene Gewaltpotenzial im Fußball?
Weidner: Ich war auch mal ein Teil des Ganzen und habe alle Evolutionsstufen eines Unterschicht-Fußballfans mitgemacht. Als ganz kleiner Junge stand ich in der Straßenbahn und hatte Angst vor den krassen Fußballfans und den üblen Sprüchen. Später war ich selber einer davon. Bei emotionalen Spielen steigt nun mal der Adrenalinspiegel und der Weg zur Gewalt ist nicht weit. Als junger Mensch faszinierte mich das Spiel mit der Angst, heute gehe ich jedem zu vermeidenden Streit aus dem Weg. Ich glaube, dass es wie bei mir, in den meisten Fällen eine Lebensphase ist. Es gibt Momente im Leben eines Jungen, eines Mannes, in der will man sich messen. Die einen machen das sportlich, die anderen während einer Schlägerei auf der Wiese oder im Wald. Ich konnte das immer akzeptieren, solange beide das wollen. Was ich nicht akzeptieren kann, ist Gewalt an Unschuldigen. Wenn da zwei Hooligan-Gruppen aufeinander zu rennen und sich den Schädel einschlagen wollen, sollen sie das von mir aus tun.
SPORT1: Waren Sie damals bei solchen „Fights“ auch dabei?
Weidner: Wie schon gesagt, ja. Du gerätst bei Auswärtsspielen unweigerlich da rein. Du bist dann mit dem harten Kern ein Teil des Ganzen. Der Eine wird aktiv der Andere lässt es bleiben. Aus meiner heutigen Sicht sind das ‚Dumme-Jungs-Streiche‘.
SPORT1: Stichwort Ultras.
Weidner: Ultras kann man gut finden oder nicht. Selbst ich bin da hin und her gerissen. Ich kann Intention und Ansatz der Ultras durchaus nachvollziehen. Aber ihren starren Strukturen, festen Hierarchien und ihrer Meinungsdiktatur stehe ich extrem skeptisch gegenüber. Irgendwie steht da nicht mehr der Fußball im Vordergrund, sondern die eigenen Aktionen.
SPORT1: Was war damals der Grund, als Hooligan auszusteigen?
Weidner: Das ist doch eine ganz normale Entwicklung, die jeder durchläuft. Wenn sich jemand über 30 hinstellt und den wilden Mann spielt, dann hat er nichts dazugelernt oder keine anderen wichtigen Dinge im Leben erfahren dürfen.
SPORT1: Gehört für Sie Pyrotechnik zum Fußball?
Weidner: Ich finde Pyro eigentlich ganz geil, solange niemand verletzt wird. Wenn alles im Stadion nur noch gesittet zugeht und ganz zahm wird, können wir den Laden gleich zu machen. Fußball ist ein Männersport und manchmal eben schön prollig. Wir wollen uns gebärden, wir wollen ein Bier trinken, lachen, pöbeln, heulen. Und manche wollen eben mal einen Kracher loslassen. Wenn der Besuch im Stadion zum Kindergeburtstag wird, ist das in meinen Augen kontraproduktiv. Ein bisschen „gefährlich“ darf Fußball ruhig sein. Bei den Emotionen und der Menge an Herzblut finde ich das ganz normal. Wollen wir zu Haustieren mutieren, die nur raus dürfen, wenn ihre Herrchen sie lassen? Ab und zu muss das Tier von der Leine. Schlägereien muss ich nicht haben, aber alles andere gehört zum Fußball dazu.
SPORT1: Ihr Sohn ist 15 und damit in dem Alter, um Ultra oder Hooligan zu werden. Was würden Sie ihm sagen?
Weidner: Die Frage stellt sich nicht. Er ist zwar in Frankfurt geboren, wäre also prädestiniert Eintracht Fan zu werden. Aber er interessiert sich mehr für Musik und Mädchen als für Fußball und ist außerdem schlauer als ich es damals war (lacht laut). Er ist entschuldigt, da er nicht in Frankfurt, ja nicht mal in Deutschland groß geworden ist. Bei aller Fürsorge, du kannst Kindern in dem Alter doch sowieso nichts verbieten. Wir sind uns doch im Klaren darüber, dass alles, was in dem Alter krass und verboten ist, magisch anziehend ist. Wenn ich jetzt meine tradierten Vater-Parolen vom Stapel lasse, dann nimmt mich mein Sohn doch nicht ernst. Mein Sohn kennt meine Historie, dementsprechend fühle ich mich nicht dazu berufen, den besorgten Vater zu geben – auch wenn ich der paradoxerweise bin. Nein, ich tendiere dazu, ihm die lange Leine zu geben. Er muss lernen, dass es weh tut, wenn er gegen die Wand läuft. Erfahrungen kann man nicht lehren, die muss er machen. Aber ich bin gerne lebenslanges Backup und Rückendeckung für ihn, wenn er mich braucht.
SPORT1: Wer ist der beste Fußballer aller Zeiten?
Weidner: Da muss ich die Vereinsbrille aufsetzen und Jürgen Grabowski sagen. Er ist und bleibt für mich der Größte. Ohne Vereinsbrille geht mein Blick nach Barcelona. Lionel Messi ist der Wahnsinn. Ich traue es mich ja nicht zu sagen, aber auch ein Cristiano Ronaldo ist ein toller Fußballer. Ein Pele, ein Beckenbauer und ein Cruyff würden in meinem Dream Team spielen.
SPORT1: Wird die Liga mit der Übermacht der Bayern langweilig? Sollte da eine eigene Liga gegründet werden?
Weidner: Ich beschwere mich über die Bayern, seit ich lebe. Aber was würden wir ohne sie machen? Wen verfluchen, und wen höhnisch auslachen, wenn die Übermannschaft mal geschlagen wird? Das Schlimme ist, dass die Bayern mit Pep Guardiola sogar Sympathiepunkte sammeln. Ich habe mich an das Bild der Bayern auf dem ersten Platz schon gewöhnt und habe da keine Emotionen mehr. Früher konnte ich sie wenigstens noch abgrundtief hassen, heute bin ich in Champions League Spielen sogar Bayern-Fan.
SePe - 8. April 2015 21:13
Und wo genau ist jetzt der gravierende, ach so böswillige Unterschied zum Interview auf Sport1?
Das Interview, das ich auf Sport1 gelesen habe, ist – abgesehen von den Onkelz-Fragen (Die dort komplett fehlten, aber wohl auch auf Sport1.de völlig uninteressant sind – Das ist ja nicht die RockHard :) ) – inhaltlich genau gleich.
Oh ja, an Beckenbauer und Co kann ich mich im Interview auch nicht erinnern.
Aber hier gleich wieder die übliche Onkelz-Pressehetze zu vollziehen ist in diesem Falle ausnahmsweise völlig übertrieben!
Timm - 10. April 2015 20:54
Das ist keine Presse-Hetze, sondern eine berechtigte Kritik. Wenn man ein Interview für einen Sportsender mit Stephan Weidner führt, frage ich mich, warum man dazu überhaupt die Onkelz befragt. Wegen ihrer Bekanntheit, ihrem Image? Geht es nicht primär um Quoten, wenn man eine solche Band interviewt? Und in diesem Interview geht es nicht um eine sportwissenschaftliche Analyse, sondern um eine Meinung. Dann sollten auch alle Fragen und Antworten dargestellt werden.
Tony - 17. April 2015 16:34
So sehe ich das auch danke
Andrea - 5. April 2015 11:04
Man traut sich ja kaum mehr die Presse zu kritisieren ohne gleich mit der bedenklichen PEGIDA oder der noch bedenklicheren AfD in Verbindung gebracht zu werden. Doch an dieser Stelle möchte ich gesagt habe: Genauso wenig wie die Presse soll man die Onkelzfans über einen Kamm scheren. Dennoch gibt es in der Presse gezielte Augenwischerei für Werbe- und Verkaufszwecke. Je dramatischer ein Artikel verfasst ist, desto höher die Resonanz. Das soziale Engagement der Onkelz beispielsweise verkauft sich als Nachricht nicht so gut wie das Herumtrampeln auf der Vergangenheit der Onkelz und das Bohren mit den Fingern in der Wunde. Ist das nicht traurig?!
DonKamilo - 3. April 2015 19:50
Wie die lügen und manipulieren….zum Kotzen,echt !
Sind doch noch gar nicht alle Gig´s ausverkauft !
Hey,Meister der Lügen….mal wieder,natürlich,schlecht bis gar nicht recherchiert !
Dummheit schlägt die Wissenschaft !!!
bolle - 3. April 2015 09:04
Die Presse stinkt
Tobi - 2. April 2015 16:34
Nur eine Deutschland Tour ?
böhser-hamburger - 2. April 2015 15:01
Hay Stephan, NUR DER HSV!!! Gruß an Kevin.
datin71 - 2. April 2015 11:41
authentisch und klar wie immer …
und.. im Nachhinein reduziert/zensiert wie so oft…
man kennt das ja .. *gähn
Keine Amnestie für BILD, SPORT1, ECHO/ARD und MTV…
P.S.: NUR DER FCB *hahaha
V.L.T. ..
koli1 - 2. April 2015 09:02
Tolles Interview …………ABER „DEUTSCHLAND TOUR 2016“
VERGESST JA NICHT ÖSTERREICH
André - 1. April 2015 20:54
Warum wurde das Interview auf SPORT1 geschnitten?! Wo sind die Antworten, in denen Herr Weidner sich zu den anderen Fragen äußert?
Zum Beispiel: Ein Pele, ein Beckenbauer und ein Cruyff würden in Weidners Dream-Team spielen. Und die „Fights“ waren für ihn „Dumme-Jungs-Streiche“. Obwohl Weidner im Ausland lebt, hat er bis vor kurzem für jede Saison eine Dauerkarte besessen.
Traurig, dass selbst hier manipuliert wird – auf Kosten der Onkelz und auf Kosten moralischer Werte. Tztz!