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Als vor fast drei Jahren der letzte Ton auf der Trabrennbahn in Wels verklungen war, ahnte noch niemand von uns, dass dies für eine sehr lange Zeit das letzte gemeinsame Konzert sein sollte. Seitdem ist viel passiert, und noch mehr ist anders. Was geblieben ist, und das wissen wir spätestens seit heute, ist der Hunger. Hunger nach Konzerten, nach Energieaustausch. Kurz: nach Leben. Und so sitzen wir hier nun nach der ersten Onkelz-Show seit 2019 in unseren verschwitzten Shirts, mit 180er-Ruhepuls und um mindestens 3 Kilo leichter. Während sich die letzten Schweißperlen ihren Weg über unser Gesicht bahnen, und noch zwei gigantische Konzerte (und eine ganze Tour) dieses Jahr vor uns liegen, müssen wir dringend die Eindrücke des Tages rekapitulieren. Bereits am frühen Vormittag zeigt das Thermometer unnachgiebige 40 Grad im Schatten, was allerdings die ersten Fans nicht davon abhält, sich ihre Plätze in der ersten Reihe des Einlasses zu sichern. Von oben brennt der helle Stern und im Herzen aller, denen wir begegnen, lodert die helle Vorfreude. In der Halle, die zu diesem Zeitpunkt noch eine angenehme Kühle hat, laufen die letzten Vorbereitungen und überall knistert es spürbar. Vierundzwanzig Stunden zuvor lief der Soundcheck und bereits da wird klar, dass die Akustik der Jahrhunderthalle sehr wahrscheinlich zum Besten gehören wird, das wir in den letzten Jahren gehört haben.

Direkt vor der Halle, auf dem Weg zum Einlass, trifft man Stefanie „Jackie“ Schu und Benjamin „Woody“ Lange – zwei Menschen, die bei der letzten Show in Wels noch viele Ideen und Träume auf der To-Do-Liste stehen hatten und in den hinter uns liegenden Corona-Jahren die Möglichkeit nutzten, all das (und noch viel mehr) mit Einsatz, Courage und jeder Menge Leidenschaft in die Tat umzusetzen. Jetzt sind die zwei Menschen – die – Gesichter des neuen BOSC., des BÖHSE ONKELZ SOCIAL CLUB, und sie erledigen diese Aufgabe mit Bravour. Stilles und beeindruckendes Zeugnis des Tatendrangs dieses Vereins steht seit gestern schweigend, aber nicht leise vor jedem Hallen- und Stadiontor: Der altehrwürdige, mächtige Dicke – der B.O.S.C. Bus. Was das für eine Mammutaufgabe war, dieses Ungetüm wieder straßentauglich zu bekommen, könnt ihr euch bei Gelegenheit von den engagierten B.O.S.C.-Menschen am Bus selbst erklären lassen und im besten Falle direkt eine Mitgliedschaft veranlassen.

Mit Beasto Blanco enterten dann die ersten Ehrengäste der Onkelz das Partyparkett und ließen von Beginn keinen Zweifel offen, dass dies heute hier ein rauschendes Fest werden sollte. Die Fünf sollten euch aus dem Vorprogramm der Tour 2016 ja bereits bestens bekannt sein und liefern auch diesmal ab. Als das Set endet, hat sich das Thermometer der Vorfreude verdoppelt und der Umbau der Bühne für die Geburtstagskinder kann beginnen.

Um exakt 20:28 Uhr starten sodann die ersten, lauten „Wir wollen die Onkelz“ sehen Sprechchöre. Wer in diesem Moment keine Gänsehaut am ganzen Körper verspürt hat, sollte dringend seine Vitalzeichen beim Hausarzt kontrollieren lassen. Hier hatten sich offensichtlich über drei Jahre eine explosive Mixtur aus Energie, Wut und unbändiger Lebenslust, die viel zu lange im Zaun gehalten wurden, aufgestaut, die um exakt 20:30 Uhr, mit den ersten Tönen von „10 Jahre“, ihre Katharsis finden. Es fliegen Bierbecher und Shirts in die Luft und plötzlich ist irgendwie wieder alles wie es mal war: Pure Ektase, viel Energie und noch mehr Schweiß. Ein Onkelz-Konzert, wie es im Buche steht.

An dieser Stelle wollen wir einmal kurz den Fokus von der Setlist auf einige Gewerke richten, die nicht auf der Bühne stehen und dennoch einen großen, wichtigen Anteil an diesem Spektakel haben. Das Lichtdesign, um die Crew von Jerry Appelt, das auch an diesem Abend wieder großartig in Szene gesetzt wurde. Die Security, die mit viel Geduld auch die Letzten davon überzeugten, dass das Rauchen von Zigaretten bei (gefühlten) 70 Grad Innentemperatur keine so gute Idee ist. Die Crew am FOH, auf der Bühne, die Produktionsleitung um Matthias Meyert, das Merchandise, das Catering, die ganzen unzähligen Helfer auf, neben und hinter der Bühne, ohne die es eine solche Show nicht gäbe: Euch gelten unser ungeteilter Dank und Respekt für euer Engagement und euren Einsatz!

Währenddessen spielte sich die Band in einen wahren Rausch, der sich mit jedem Song zu potenzieren schien. Nach „Finde die Wahrheit“ gibt’s dann erstmals wieder „Oh, wie ist das schön“-Gesänge und ja, es ist schön, dass sich einiges offenbar wirklich nie zu ändern scheint. Um die Vorfreude nicht all jenen zu nehmen, die morgen und übermorgen zu den Stadionshows kommen, wollen wir nur auf einige ganz besondere Highlights der Setliste eingehen, die, wie immer, natürlich unserem subjektiven Empfinden entsprungen sind. Da fällt uns „Schöne neue Welt“ ein. Der Song, der 1993 das Licht der Welt erblickte und gerade heute erschreckend und beängstigend aktuell wirkt. Stephan setzt den wichtigen und richtigen Punkt mit: „In diesen Zeiten müssen wir lernen, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit ist“. Deutlich weniger schwermütig kommen dann „Saufen ist wie weinen“ und „Hier sind die Onkelz“ daher. Die Spielfreude der Band steckt an, und obwohl einige in der ersten Reihe zu diesem Zeitpunkt bereits 13 (!) Stunden Stehen in den Knochen haben, tut dies der grandiosen Stimmung und den fortwährenden Gesängen vom besten Chor der Welt keinen Abbruch. Stephan nimmt den Faden nach „Keine Amnestie für MTV“ mit den passenden Worten: „Danke für eure Treue!“ auf. Mit „Ein Hoch auf die Toten“ findet sich ein weiterer Song vom letzten Album auf der Setlist, und dieser sorgt auch live für einen kurzzeitigen Kloß im Hals. Die Band nutzt den Moment und gedenkt allen viel zu früh Verstorbenen, ganz besonders Thomas Hess und Trimmi. In den Gesichtern sehen wir eine Mischung aus Tränen und Innehalten, ein kurzer Moment des Verschnaufens und Gedenkens, ehe mit „Wir ham´noch lange nicht genug“ das Konzert auf die Zielgerade einbiegt.

Den Schlussakkord bildet traditionell „Erinnerungen“ und am Ende bleibt das wohlige Gefühl, dass bei allen Krisen, bei aller Unsicherheit und Ängsten, bei all dem Leid in der Welt, ein Onkelz-Konzert auch nach 42 Jahren eine Konstante bilden kann. Eine Konstante, die die Welt nicht zu einer besseren macht, aber die Halt und Kraft gibt. Kraft, die wir alle jeden Tag gut gebrauchen können. Stephan stimmt zum Schluss noch ein „Happy Birthday“ an, und die Fans nehmen die Aufforderung zu einem kleinen Geburtstagsständchen auf. Verdient haben sich das die vier Onkelz, die an diesem Abend ein großartiges Konzert gespielt haben. Um es mit Stephans Worten zu sagen: „Wir danken euch!“.

//Marco Matthes & Dennis Diel

📸 Tobias Stark // Christian Thiele // Mike Hoehn

15 comments

  1. Simone RUDOLPH - 24. Juli 2022 13:50

    Konzert am 22.07.22 war der Hammer.Schlechte Kritik der FAZ nicht zu verstehen, aber hab nichts anderes erwartet. Geh auf viele Konzerte, dies war eins der besten

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  2. Andy - 23. Juli 2022 20:35

    Chapeau an die Onkelz, die crew und vor allem an die Fans. Es war ein aufregender Abend. Ich habe so viel positive Energie an diesem Abend mitgenommen.
    Sonderlob an Kevin… der war, in meinen Augen, richtig gut drauf👍👍. Stephan war etwas still, wie kam es? Der Hitze geschuldet?
    Ansonsten, danke für diesen Abend und wir sehen uns in Oberhausen 🤘🤘

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  3. Andy - 23. Juli 2022 16:58

    Ich bin ehrlich gesagt enttäuscht von dem Konzert. Es war ein sehr schöner Abend mit Freunden – aber von den Onkelz bin ich anderes gewöhnt. Wenig Bezug zum Publikum, die Lieder wurden runtergespult, die Zugabe und der Abgang…naja. Gesprochen hat nur Stephan, wirkte unmotiviert, kein special guest, kein echtes Highlight zum Jubiläum. Ich hatte den Eindruck die Band hatte nicht ihren besten Abend 🤷🏽‍♀️ Mich konnten sie leider nicht erreichen. Schade.

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  4. Christoph - 22. Juli 2022 15:29

    Freue mich mega auf Berlin! Geil fände ich „Flügel für Dich“ in der Setlist.
    Gruß Christoph

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  5. Mark - 22. Juli 2022 09:17

    „Wer in diesem Moment keine Gänsehaut am ganzen Körper verspürt hat, sollte dringend seine Vitalzeichen beim Hausarzt kontrollieren lassen“

    Der Arzt sagte mir: „Alles in Ordnung. Mein Junge, deine Regungslosigkeit und Unaufgeregtheit ist absolut verständlich, schließlich sind die Onkelz nicht mehr das, was sie mal waren und weit über dem Zenit hinaus.“

    Er fragte mich noch, was mit der Stimme des Sängers passiert sei und was aus dem Versprechen, nicht als Rockopas enden zu wollen, geworden sei. Ich habe nur beschämt mit den Schultern gezuckt und zu Boden geguckt.

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    • Swen - 22. Juli 2022 14:33

      Wenn die die Onkelz keine Kraft geben und du so negativ ihnen gegenüber eingestellt bist verstehe ich nicht was du hört machst???
      Natürlich sind sie nicht mehr das was sie Mal waren, das wäre auch schlimmer wie jede Weiterentwicklung die dir verwehrt blieb. Es gibt bestimmt Gründe für deinen Kommentar aber ich glaube nicht dass du wirklich so unaufgeregt warst wie du sagst, wenn du den besagten Moment tatsächlich mit erlebt hast.

      Ein Onkelz Konzert mag vieles sein aber sicher niemals emotionslos.

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    • Nicky - 24. Juli 2022 09:02

      Vogel! Brauchst ja nicht hingehen.

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    • Dennis - 25. Juli 2022 08:48

      Hallo Mark,
      ich war am diesen Tag auch beim Arzt. Ich sah wie jemand der nicht besonders ansehnlich erschien, das Arzt Zimmer verließ, in dem vorher noch über die Onkelz gesprochen wurde, dies war natürlich unüberhörbar für mich, als langjähriger Fan. Als du dann weg warst, hörte ich wie der Arzt zur Arzthelferin sagte, „Der junge wird wohl nicht mehr lange haben, aber er weiß ja. Nur die besten sterben jung“ und lachte zusammen mit der Arzthelferin, die sich nun gemeinsam auf dem Weg zum Onkelz Konzert machten.

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      • WTF - 25. Juli 2022 17:45

        JA JA!!!

        Bitte was soll das, braucht es solche Kommentar hier? Leider löscht ihr die guten und solchen Müll, aber das (aus-)lachen über den Tod, bzw. jemanden der sterben soll?!? C’mon, nicht euer ernst?
        Einfach nur bitter was hier abgeht, und beweist wieder mal: der Fisch stinkt vom Kopf her… kein Wunder also…
        Pfui!

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  6. matthias - 22. Juli 2022 09:05

    Schöne Bilder freue mich auch schon darauf wenn ihr in Rostock seit

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    • Florian - 23. Juli 2022 11:34

      Mein Herzliches Beileid und viel Kraft an die Familien , die durch den Unfall gestern in Frankfurt ihre liebsten verloren haben. RIP

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  7. Andy - 22. Juli 2022 01:36

    Was für ein Abend! Hatte die Tickets für mich und meinen Kumpel damals für den 02.09.20 ergattert, als Geschenk zu seinem 40. an just diesem Tag, nur wir 2 on Tour ohne Anhang, wie früher. Daraus wurde dann ja leider nichts. aber verdammt, der Abend gestern hat sich genauso angefühlt! Wir sehen uns im Waldstadion!

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    • Jürgen - 22. Juli 2022 22:04

      Wir sehen uns morgen Abend 🤘

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    • Jürgen - 22. Juli 2022 22:05

      Wir sehen uns morgen Abend 🤘 bo

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    • Mufinka - 23. Juli 2022 19:06

      Memento gibt Haare auf der Brust

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