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Wo fängt man eigentlich an, wenn man vom Ende schreiben muss? Fest steht, dies wird der letzte Konzertbericht dieser Tour 2022 und jedes dieser Worte fühlt sich in diesem Moment des Schreibens noch völlig surreal an. Die Tour, vorbei? Und nun? Lasst uns in den folgenden Zeilen gemeinsam in unserer Erinnerung baden, das Erlebte rekapitulieren und anschließend die Bilder gemeinsam im Schuhkarton unseres Gedächtnisses verstauen. Sicher dort aufbewahrt und für alle Lebenslagen parat.

18 Konzerte liegen nun hinter uns. 18 Mal kollektive Onkelz-Extase, 18 Kapitel einer grandiosen Tournee im Geschichtsbuch der Onkelz. Über 4.500 Kilometer quer durch Deutschland und Österreich. Mehr als 200.000 Onkelz-Fans in vier Wochen. Das will und muss erstmal verarbeitet werden. Mit etwas Abstand hätte Köln dieser Tournee kaum ein besseres Ende bereiten können, doch der Reihe nach.

Noch in der Nacht fuhren wir aus Kempten direkt zum Tour-Finale nach Köln. Die knapp sechs Stunden Fahrzeit nutzen wir zum einen, um die Eindrücke aus der BigBox zu Papier zu bringen und zum anderen, um möglichst viel zu schlafen. Wir wollten für das Grande Finale nochmal alle unsere Kräfte mobilisieren und entsprechend euphorisch und voller Vorfreude kamen wir am Sonntagvormittag an der Lanxess Arena an. 

Die Halle ist die größte Veranstaltungshalle in Deutschland und zählt zu den modernsten Event-Hallen der Welt. Satte 20.000 Menschen bietet sie maximal Platz. Grundsätzlich erstmal genau das richtige Ambiente, um gemeinsam mit euch einen fulminanten Tour-Abschluss zu feiern. Allerdings hat es die Halle in sich und ist gerade aus akustischer Perspektive nicht trivial. Hier haben schon Künstler wie Paul McCartney oder Prince große Probleme gehabt, einen halbwegs anständigen Sound zu produzieren. Insbesondere die Glasflächen auf halber Höhe der Zuschauerränge sorgen immer wieder für Klangschwierigkeiten. Und als wir Zentrum dieses Kolosses aus Stahl standen, wurde mir auch klar, dass eine imposante Erscheinung und ein Klangvergnügen nicht immer miteinander korrelieren müssen. Dennoch war das, was wir bei der ersten Begehung im Zentrum stehend sahen, mehr als beeindruckend und wir alle waren gleichermaßen dankbar und demütig, diese Onkelz-Tour hier abschließend zu dürfen.

Gefühlt war ganz Deutschland an diesem vorletzten Septemberwochenende des Jahres auf den Beinen und niemand wollte sich dieses Finale entgehen lassen. Ob von der Küste Vorpommerns im Norden, oder aus den Bergen des Südens, kein Weg schien zu weit für diesen Abschlussabend. Entsprechend voll war auch die Gästeliste, gespickt mit Familie und Freunden, von teils jahrzehntelangen Freundschaften. Der Einlass musste dann um eine halbe Stunde verschoben werden, weil in der Halle noch Anpassungen an den Boxen am FOH notwendig waren. Das tat der tollen Stimmung von Beginn an in Köln allerdings keinen Abbruch. 

Als dann das Licht der Halle ein letztes Mal erlosch, das Intro startete und “Hier sind die Onkelz” mit Kevins unverwechselbarem „Jaaaaa“ das weite Runde erfüllte, flogen Bierbecher wie Raketen in die Luft und verwandelten die Lanxess Arena von Minute eins in einen Hexenkessel. Und es hatte tatsächlich etwas von Neujahrsstimmung, was ich vom Graben aus beobachten konnte. Strahlende Gesichter, so weit meine Augen reichten, Euphorie traf Extase und Energie füllte die Arena sofort bis unters Hallendach. Köln hatte richtig Bock, daran bestand bereits nach den ersten drei Songs keinerlei Zweifel mehr. 

Die ausgelassene Stimmung diffundierte auch sofort in Richtung der Onkelz, die auch an diesem letzten Tour-Abend nochmal alles gaben, um Köln das zu geben, was sie verdienten. Übrigens, satte 28 Jahre (!) hatte es gedauert, bis zum Wiedersehen der vier Frankfurter in Köln. Man muss lange im Buch der Tour-Erinnerungen blättern, bis man darin Köln findet. Das letzte Konzert datiert vom 01.12.1994, es war ein Donnerstag. Damals stand “Cotton Eye Joe” von Rednex auf Platz 1 der Single-Charts. Sollte der ein oder andere jetzt einen Ohrwurm haben – gern geschehen! 

So kam es, wie es kommen musste: Köln sang sich in einen Rausch, den die Onkelz zu potenzieren wussten und der im Ergebnis zu 2,5 Stunden purer, geistiger Salutogenese führte. So passte auch ins Bild, dass die Domstadt an diesem Abend, im Tour-Finale, die Krone auf den letzten Metern den Münchnern entriss und mit weit über sechs Minuten den Tour-Pokal nach Köln holte. Wahnsinn! Immer und immer wieder hallte es “Ooooooooh” durch die Lanxess Arena, auch dann noch, als “Terpentin” schon lange verklungen war. Köln wollte auf Nummer sicher gehen und heimste mehr als verdient die Tour-Krone als Stadt mit den längsten “Oooooohs” nach “Terpentin” ein. Aber hey, auf dieser Tour waren letztendlich alle Städte echte Gewinner! 

Als der letzte Ton von “Viva los Tioz” unter diesem mächtigen Hallendach der Lanxess Arena verklang, stand ich minutenlang mit leerem Blick im Graben und versuchte zu begreifen, dass das hier heute Abend tatsächlich die letzte Show war. Schon Hesse wusste, dass alles Schöne seinen Zauber auch aus der Vergänglichkeit zieht. Doch wenn es dann soweit ist, ist immer auch etwas Wehmut dabei. Wehmut, aber noch viel mehr Dankbarkeit. Köln, dieses Finale war die Kirsche auf einer Tournee, die kaum besser hätte laufen können. Ihr habt das letzte Kapitel dieser grandiosen und sehr besonderen Tour geschrieben und damit kann das Tourtagebuch an dieser Stelle geschlossen werden. Es ist fast alles gesagt, aber eben nur fast.

Zeit zum Danke sagen!

Zuerst sollten wir den Onkelz danken. Danke, dass ihr uns nach 2,5 Jahren des sehnsüchtigen Wartens mit auf diese Reise genommen habt. Dass ihr jeden Abend gespielt habt, als wäre es eure erste und gleichzeitig letzte Show! Mehr als 200.000 mal Danke für jede einzelnen Moment dieser Tour 2022!

Dass wir überhaupt in den Genuss kommen, unsere Erinnerungen aus den vergangenen 18 Konzerten miteinander zu teilen, liegt neben den Onkelz auch ganz besonders an einer mehr als grandiosen Tour-Crew. Liebe Leute, es war mir wirklich ein Fest! Wir waren eine Familie auf Zeit und ich hätte mir keine bessere vorstellen können. Abend für Abend hat jeder von uns sein Bestes gegeben und seinen Beitrag dazu geleistet, dass die Tour das werden konnte, was sie war: Ein einziger Rausch der Glückseligkeit! Niemals werde ich den Gesichtsausdruck von Marc & Marc in Erfurt vergessen, als ich es zehn Minuten vor dem Einlass für eine ganz geile Idee hielt, den Einlass-Run in die Halle doch mal mit meiner Drohne zu filmen. Aus dem Inneren der Halle natürlich, versteht sich. Unbezahlbar! Danke an jeden Einzelnen von euch für die gemeinsame Zeit, für euren Einsatz und eure Leidenschaft für die Onkelz! 

Das letzte Danke, gebe ich an euch Fans. Danke, dass ihr uns von Stadt zu Stadt auf dieser Welle getragen habt! Der Funken eines jeden Konzerts braucht letztlich immer auch einen Antagonisten auf der Gegenseite und diese Aufgabe habt ihr in jeder Stadt und an jedem Abend mehr als erfüllt. Ein letztes Mal: Danke für eure Liebe zu den Onkelz, für eure unerschütterliche Unterstützung und die Treue über 42 Jahre.

Schauen wir noch ein letztes Mal in die Galerie, die auch in Köln wieder mehr sagt, als ich es in Worte beschreiben könnte. Nehmen wir nun also unsere gemeinsamen Erinnerungen und packen sie gut sortiert in unseren Schuhkarton.

Wir werden uns wiedersehen – ganz bestimmt.

Text // Marco Matthes

Fotos // Christian Thiele

Illustrationen // Lennart Menkhaus

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