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Ingo Nowotny hatte mit den Veröffentlichungen von „Onkelz wie wir“ (1987), „Kneipenterroristen“ (1988), „Lügenmarsch (1989) und „Es ist soweit“ (1990) bereits mehr als genug Kapital aus den Onkelz gepresst. Die Band erfüllte mit diesen Veröffentlichungen den Vertrag mit Metal Enterprises und war damit raus. Doch das war Nowotny nicht genug: Am 21.03.1994 veröffentlicht er einen weiteren Umsatzträger – natürlich ohne Zustimmung der Band. Bei „Könige für einen Tag“ handelt es sich um ein Best-Of-Album, gepresst mit Songs, für die Nowotny die Rechte hält. Das Album macht Nowotny noch reicher und die Onkelz ärmer. Ärmer an Glaubwürdigkeit, denn die Covergestaltung hätte gut und gerne auch für jede Faschoscheibe herhalten können. Man brauch keine Fantasie, um von dem schwarzen Hintergrund mit goldener, altdeutscher Schrift einen nationalistischen Eindruck zu gewinnen. Das braune Booklet, mit goldenem Rand, schwarzem Adler in der Mitte und dem Schriftzug „Böhse Onkelz“ darüber, ist Wasser auf die Mühlen der ewigen Onkelzkritiker. Hier wird Zündstoff, für das in Frage stellen der Distanzierungsversuche seitens der Onkelz, quasi auf dem Silbertablett gereicht.

Die Onkelz haben es satt, dass die stetigen Bemühungen einer klaren Distanzierung durch geldgeile Profithaie zunichte gemacht werden und schalten ihre Anwälte ein. Nowotny wird abgemahnt und aufgefordert eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, was er allerdings nicht macht. Die Band schaltet daraufhin die Gerichte ein. Dem Antrag einer einstweiligen Verfügung gibt das Landgericht Hamburg statt und verbietet die Verbreitung des Tonträgers „Könige für einen Tag“.

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass die Nowotny-Veröffentlichungen über den Bellaphon-Vertrieb verkauft wurden. Das bedeutet, dass auch ein gewisser Prozentsatz der Einnahmen, der bei Metal Enterprise erschienenen Alben, bei Bellaphon in Frankfurt landen. Insbesondere die Tonträger „6 für Deutschland I+II“ und „Könige für einen Tag“ werden gegen den Willen und hinter dem Rücken der Onkelz veröffentlicht. Fakt ist auch, dass Bellaphon durch den Vertrieb dieser Alben zumindest in Kauf nimmt, dass die Distanzierungsversuche der Band weiterhin zweifelhaft erscheinen. Schäumend vor Wut wird auch Bellaphon von den Anwälten der Onkelz abgemahnt und auch sie unterschreiben die strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht. Genau wie Nowotny muss auch Bellaphon über ein Gerichtsverfahren zur Unterschrift verurteilt werden.

Dieser Vertrauensbruch soll das Ende der Zusammenarbeit zwischen den Onkelz und Bellaphon besiegeln.

Bellaphon ist das dritte Fettnäpfchen, in das die Band nach dem Vertrag mit Metal Enterprise und Rock-O-Rama getreten war. Neben Ingo Nowotny´s Metal Enterprises und Bellaphon hatte sich auch Herbert Egoldt und sein Rock-O-Rechts-Label an den Veröffentlichungen der Onkelz gesund gestoßen. Nachdem die Masterbänder der Alben „schwarz“ und „weiß“ abgegeben waren, hatten die Onkelz den Vertrag endgültig erfüllt und waren ab dem 01.01.1994 ohne Label.

Die Erfüllung des Vertrages sind Bellaphon jedoch nicht genug. Man will  mehr. Mehr Kohle. Die Onkelz waren ihr bestes Pferd im Stall, und so entscheidet man sich kurzerhand, noch ein Best-Of-Album zu veröffentlichen. Die Band ist alles andere als begeistert und hätte die Veröffentlichung am Liebsten verhindert, was allerdings ohne Erfolg bleibt. So bleibt ihnen nichts anderes übrig, als zumindest bei der Covergestaltung nach ihren Wünschen mitzureden und darauf zu achten, dass die Qualität der Aufnahmen ihren Anforderungen entspricht.

„Gehasst, verdammt, vergöttert…die letzten Jahre…“ ist tatsächlich eine wieder aufgewärmte Suppe der letzten Jahre und bietet neben einer Neuaufnahme von „Ich lieb mich“ aus dem Jahre 1981, zwei „saubere“ Versionen von „Erinnerungen“ und „Mexico“ und vier Bonus Tracks, die von Stephan und Gonzo ge-remixed werden, geschmacklich nichts Neues. Die Covergestaltung übernimmt fortan Christoph Schnee, Ex-Middle-Class-Fantasies-Sänger, der im Frankfurter Westend eine gut gehende Werbeagentur leitet. Bringt man beide Augen weit genug in Richtung Nase, kann man auf dem Cover den Namen Böhse Onkelz erkennen.

Die Doppel-CD steigt in der 52. Woche des Jahres 1994 auf Platz 99 der deutschen Album-Charts ein und verbessert sich in der zweiten auf Platz 47. Insgesamt ist die Platte 10 Wochen in den Top100. Neun Jahre später wird die Best-Of, mit mehr als 250.000 verkauften Einheiten, mit der Goldenen Schallplatte ausgezeichnet und gehört bis heute zu den am meist verkauften Tonträgern der Onkelz.

Tracklisting: „Gehasst, verdammt, vergöttert – Die letzten Jahre“:

Disc 1:

  • Lieber stehend sterben
  • Gehasst, verdammt, vergöttert,
  • Wir ham noch lange nicht genug
  • Ich bin in Dir
  • Mexico
  • Heilige Lieder
  • Wenn wir einmal Engel sind
  • Wieder man nen Tag verschenkt
  • Scheissegal
  • Schöne neue Welt
  • Nur die Besten sterben jung
  • Ich lieb mich
  • Erinnerungen
  • Deutschland im Herbst
  • Für immer
  • Ich bin, wie ich bin
  • Die Böhsen Onkelz geben sich die Ehre

Disc 2:

  • Worte der Freiheit
  • Nenn mich, wie Du willst
  • Entfache dieses Feuer
  • Das ist mein Leben

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