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Die Berliner Presse will keine Ruhe geben.

Ebenfalls im Frühjahr 2001 streben die Anwälte der Onkelz ein Verfahren gegen die Berliner TAZ und die Berliner Statdtzeitung TIP an. Beide Organe hatten die Böhsen Onkelz zuvor zum wiederholten Male als „berüchtigt rechtsradikal“ bezeichnet. Die Klagen werden zunächst mit dem Hinweis auf das Recht zur „freien Meinungsäußerung“ abgewiesen und sowohl die TAZ, als auch der TIP versäumen es nicht in ihren Ausgaben auf diesen „Sieg“ hinzuweisen. Die TAZ erhält daraufhin über 2000 e-mails von empörten Onkelzfans. Der Fall wird von der übrigen Presse maßlos hochgespielt und überall ist zu lesen, dass ein Gericht nun entschieden habe, man dürfe die Onkelz als „berüchtigt rechtsradikal“ bezeichnen. Die inzwischen 15 Jahre andauernde Onkelzdiskussion hat sich einmal im Kreis gedreht und steht wieder da, wo sie am Anfang stand.

Böhse Onkelz vs. TAZ – Berlin
veröffentlicht auf www.onkelz.de am 28.05.2001

Der Hintergrund: Die Taz Berlin veröffentlichte am 23.10.2000 die Kritik des Theaterstücks „Death Valley Junction“ von Albert Ostermaier, in dem auch Musik der Böhsen Onkelz verwendet wurde. In diesem Artikel von Esther Slevogt heißt es unter anderem: „Zu allem Überfluß gibt es dann noch ein Lied der der berüchtigten rechtsradikalen Band Böhse Onkelz…“

Die Anwälte der Onkelz haben darauf hin beim Landgericht Berln eine Einstweilige Verfügung eingereicht, der vom Landgericht Berlin bei einem Streitwert von 50.000,–DM stattgegeben wurde. Das Landgericht hat also in einem Eilverfahren der Taz untersagt diese Behauptung aufzustellen, wogegen die Taz Berlin dann Widerspruch eingelegt hat. Sie hat daraufhin einen 28seitigen Schriftsatz ihres Anwaltes eingereicht, der aus unserer Sicht eher an eine journalistische Hetzschrift erinnert, als an einen juristischen Schriftsatz. Wir verzichten darauf, hier auf die vielen aus unserer Sicht faktischen und inhaltlichen Fehler hinzuweisen. Der Schriftsatz kann auf der Homepage der Taz nachgelesen werden. Nur soviel, wer Daniel Cohn-Bendit, einen bekennenden Linken und den ehemaligen Ausländerbeauftragten der Stadt Frankfurt als Rechtsradikalen bezeichnet, nur weil er sich für die Böhsen Onkelz eingesetzt hat, hat sich eigentlich schon selbst disqualifiziert. Dazu die schon fast reflexartigen Aufzählungen der schlimmen Titel „Türken raus“ etc.etc.etc.

Das „Gegen den Hass“-Benefizfestival der Onkelz in Bremen vom 09.03.01. trug in diesem Schriftsatz dann auch den Untertitel „Gegen die Opfer rechter Gewalt“. Irrtum? Blödheit? Absicht? Bezeichnenderweise hat es die Taz dann auch unter fadenscheinigen Copyrightausreden unterlassen den Schriftsatz der Onkelzanwälte auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Auf recht geschickte Art wurde dann auch schon vor der Verhandlung mehr oder weniger gedroht, wenn die Entscheidung zu Gunsten der Onkelz ausfallen würde, dann würde sich die Kammer eben zum „Helfershelfer eines Musikunternehmens“, also letztendlich zum willfährigen Instrument des imperialistischen Schweinesystems machen.

Das Landgericht Berlin hat sich sodann auch prompt nicht getraut, das zu bestätigen, was es kurz zuvor eigentlich schon beschlossen hatte, nämlich der Taz Berlin zu untersagen, die Böhsen Onkelz eine „berüchtigte rechtsradikale Band“ nennen zu dürfen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass das Landgericht nicht bestätigt hat, dass die Böhsen Onkelz eine „berüchtigt rechtsradikale Band“ sei, sondern nur, dass die Band es der Taz gerichtlich nicht verbieten könne, aufgrund der grundsätzlich geschützten Pressefreiheit (Artikel 5 GG) zu untersagen, sie so zu bezeichnen auch wenn diese Behauptung nicht den Tatsachen entspricht. Ferner ist es wichtig zu verstehen, dass das was die Taz gerade als Sieg feiert und auch so darstellt, noch lange nicht das Ende des Liedes ist. Dies war nur das Eilverfahren, in dem es um die Einstweilige Verfügung ging. Die Hauptverhandlung wird in einigen Wochen wieder vor dem Landgericht Berlin stattfinden und zu dieser Hauptverhandlung sind dann auch Beweismittel zugelassen und es können Zeugen geladen und Plädoyers gehalten werden. Die Antragsgegnerin Taz Berlin will versuchen den ganzen Fall in eine ausschließlich politisch motivierte Diskussion abgleiten zu lassen, sagt jetzt, dass sie eigentlich nur von uns endlich in Ruhe gelassen werden möchte, aber genau diesen Gefallen, werden wir Ihnen nicht tun. Im Gegenteil.

Man darf also gespannt sein. Wir werden Euch weiterhin an dieser Stelle auf dem Laufenden halten. Bis dahin habt Ihr ja noch viel Zeit Euch einmal das Forum der Taz anzuschauen. Und der Taz selber, möchten wir hiermit ein paar freundliche Grüße aus Frankfurt ausrichten: Ihr sollt den Tag nicht vor dem Abend loben…

Die Onkelz

Böhse rechte Onkelz

Von Eberhard Seidel

Die taz darf die Böhsen Onkelz auch in Zukunft eine „berüchtigte rechtsradikale Band“ nennen. Gestern hob das Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung auf, die der taz genau dies untersagt hatte. Sie war von den Böhsen Onkelz erwirkt worden, nachdem wir in der Ausgabe vom 23. Oktober 2000 geschrieben hatte, die Böhsen Onkelz seien eine „berüchtigte rechtsradikale Band“ (siehe taz vom 12./13. Mai).

Diese Titulierung der Band, so der Vorsitzende Richter am Berliner Landgericht, Michael Mauck, sei ein zulässiges Werturteil, da sich die Band nicht hinreichend von ihrer rechtsradikalen Vergangenheit distanziert habe.

Mauck räumte ein, dass er bei der Klageerhebung davon ausgegangen sei, dass die Böhsen Onkelz sich endgültig vom Saulus zum Paulus bekehrt hätten. Die Klageerwiderung der taz zeige allerdings, so Mauck, dass die Angelegenheit doch etwas problematischer sei und die Band von der Verbindung zu ihrer rechtsradikalen Vergangenheit lebe.

In ihrer Klageerwiderung schrieb die taz: die Böhsen Onkelz geben zwar vordergründig vor, mit ihrer rechten Vergangenheit nichts mehr zu tun zu haben, versichern ihren rechtsradikalen Anhängern allerdings bei jeder Gelegenheit augenzwinkernd, dass sie trotz des Drucks der Öffentlichkeit im Kern ungebrochen und ganz die Alten geblieben sind. Das Festhalten an dem alten Bandnamen ist für die taz ein weiterer Beleg, wie die Onkelz mit ihrer rechtsradikalen Vergangenheit kokettieren. Richter Mauck meinte deshalb in seiner Urteilsbegründung: Wer seine rechtsradikale Klientel so bedient und damit viel Geld verdient, muss sich gefallen lassen, als „berüchtigte rechtsradikale Band“ bezeichnet zu werden.

Die Zurückweisung der Klage ist ein herber Rückschlag für die 1979 gegründeten Böhsen Onkelz. Denn seit Jahren versuchen sie ihr Image in der bürgerlichen Öffentlichkeit mittels einstweiliger Verfügungen und Klagen weißzuwaschen und der Presse zu diktieren, wie diese die Band zu bewerten hat. Die Strategie hatte Erfolg. So machten sich unter anderen der Grünenpolitiker Daniel Cohn-Bendit und der Berliner Autor Klaus Farin zum Fürsprecher der Band, die ein übersteigertes Männlichkeitsbild propagiert. Cohn-Bendit versicherte, dass sich die Onkelz für ihn überzeugend geläutert hätten. Ein subjektives Werturteil, das auch in der taz-Redaktion von einigen MitarbeiterInnen geteilt wird.

taz-Anwalt Eisenberg verwies darauf, dass die Überhöhung des Männlichen, die Verherrlichung der Gewalt und die Weltsicht des Bandmitglieds Weidner, für den 99 Prozent der Journalisten Arschlöcher sind, alles andere als zivilgesellschaftliche Haltung seien.

Antrag auf Klageabweisung:

010401_je_taz_onkelz