Timeline

zurück

Das Jahr 2014 ist kaum verabschiedet worden, da steht die Doppel-DVD / Doppel-Blu-ray „Nichts ist für die Ewigkeit“ auf Platz eins der Musikvideo-Jahrescharts.

Helene Fischer, Die Toten Hosen, Metallica. Drei illustre Acts mit drei unterschiedlichen DVDs. Gemein haben sie, dass sie über viele Wochen die Charts anführen und alle im Laufe des Jahres veröffentlicht wurden. Die Onkelz hingegen veröffentlichen erst kurz vor Jahresende den Output ihres Reunion-Konzertes. Innerhalb weniger Tage sind über 100.000 Einheiten verkauft und die Veröffentlichung bereits Doppel-Platin würdig.

Während der Januar noch relativ ruhig ist und „nur“ mit einem großen Meeting aller Gewerke in der Rotunde der Festhalle in Frankfurt und einer erweiteten Frage-Antwort-Runde an die Band im Blog vorübergeht (Auszüge daraus könnt ihr weiter unten lesen), haben es der Februar und besonders der März 2015 schon mehr in sich.

Bereits im Dezember des Vorjahres trifft sich die Band mit allen führenden Köpfen aller Gewerke in Berlin, um erste Details zu den anstehenden „Böhse Fürs Leben“ Konzerte zu besprechen. Die Grafikagentur „Blitzen“ aus Berlin, die die Onkelz seit fünfzehn Jahren künstlerisch betreuen, filmen, vertonen und schneiden jeweils bei allen Meetings kurze Teaser-Clips, die den Fans ein erstes Gefühl von der neuen Dimension, der auf sie zukommenden Hockenheim-Konzerte, geben sollen. Ebenfalls machen sich Blitzen und das Onkelz Team zu den Onkelz nach Hause auf, um sie bei ihren ganz persönlichen Proben zu beobachten.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=qrKUe3kiQcE
Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=UA3Y2-iSJRc

Ende März steht die Echo-Verleihung auf dem Plan und nach vielen Jahren sind die Böhsen Onkelz auch wieder einmal nominiert. Das Schulterklopfen der Branche, die Gratishäppchen und der viele Sekt locken auch im Jahr 2015 keinen Onkel hinterm Ofen hervor. Intern ist man schon etwas neugierig, wie sich die Beteiligten und Verantwortlichen aus der Nummer herausmogeln würden. Gibt es einen schäbigen Laudatorendiss, wie einst 2001 vom planlosen (Der Dschungel-Gott habe ihn selig) Dirk Bach, einen kurzen Einspieler mit Szenen aus der DVD, bei denen allen Anwesenden im Publikum der Sabber von der Backe tropft? Am Ende des Tages war alles viel harmloser und unspektakulärer. Totale Ignoranz hieß das Zauberwort und Mittel der Wahl beim Veranstalter. Während man bei wirklich jeder Kategorie alle Nominierten namentlich erwähnte, war der Echo für die „DVD national blablabla“ hingegen schneller vergeben, als man „Beschiss!“ rufen konnte. Ein schnelles: „Der Echo in der Kategorie […] geht an: Helene Fischer!“ und das wars. Des Deutschen liebstes Schlagerkind durfte erneut die Bühne entern und der Rest… war bieder, langweilig und nichtig. Wir sind allerdings sehr gespannt, wie ihr 2017 versuchen werdet, uns totzuschweigen – wenn wir in mindestens zwei Kategorien mitmischen werden, haha

Das Onkelz-Blog-Interview (Auszüge):

Es gibt im Forum einen Thread, der das „Bildungsdefizit“ zum Thema hat. Etwas konkreter gefragt: Was haltet ihr vom deutschen Schulsystem und der scheinbar immer größer werdenden Schere zwischen denen, die mit dem System schwimmen, Abi machen, studieren und viel Geld verdienen werden und denen, die vielleicht trotz starker Talente auf der Strecke bleiben? Ihr lebt ja auch teilweise im Ausland; eure Kinder sind dort zur Schule gegangen. Was schätzt ihr vielleicht an dortigen Schul/Ausbildungssystemen mehr als bei deutschen?

Pe: Ich kann über das deutsche Schulsystem nicht viel sagen, weil ich es nicht kenne. Außer meine Schulzeit, die ist aber bald 35 Jahre her. Meine Kinder besuch(t)en eine internationale Schule in der Schweiz. In Sachen Bildung kommt es auch auf das Kind an, nicht nur auf die Schule. Es ist meiner Meinung nach ein Mix aus dem Angebot und dem Interesse des Schülers. Die beste Schule nützt nichts, wenn nur wenig Interesse dafür vorhanden ist. Unsere beiden Töchter sind da sehr unterschiedlich.

Gonzo: Sorry, aber das sehe ich anders. Das Schulsystem wurde durch zu viel „Talentförderung“ im negativen Sinne kaputt gemacht. Das Abitur wird dir heute hinterher geschmissen und die ausbildenden Betriebe beklagen sich über den Bildungsstandard der „Abiturienten“. Vielleicht etwas mehr Bildung und weniger Porno in der Schule, und dann klappt es auch wieder mit dem Schreiben und Rechnen.

Stephan: Mein Sohn ging noch nie auf eine deutsche Schule deshalb erlaube ich mir keinen Vergleich. Ich bin aber ganz entschieden nicht Gonzos Meinung. @ Gonzo: Ich hoffe, du siehst mir das nach. :-)

Kevin: Also das Schulsystem… Mhh.. Ich erinnere mich noch daran, mich mal mit zwei Kunstmappen an irgendeiner Hochschule beworben zu haben. Da wurde ich abgelehnt, und zwar hoch drei. „Sie haben kein Abitur, dann tut es uns leid“ – so nach dem Motto. Das fand ich schon ziemlich daneben. Generell war ich immer von alternativen Wegen begeistert, sein Leben zu meistern. Ich weiß auch nicht, welchen Weg ich genommen hätte, wäre die Bewerbung angenommen worden. Das spiegelt das Schulsystem von heute wieder. Viele Talente bleiben unerkannt, werden einfach durch das System angepasst. Im Prinzip verstehe ich da den Sinn hinter Pädagogik und dem ganzen Kram nicht.

Wenn man das Fernsehen oder die Tageszeitungen aufschlägt, stellt man fest, dass immer wieder den selben Prominenten Podeste gebaut werden. Campino, den Fanta Vier, Nena, Maffay, Grönemeyer und Co. Alle dürfen sich über das aktuelle Zeitgeschehen auslassen und ihre politische Korrektheit unter Beweis stellen. Ich will diesen Künstlern gar nicht absprechen, dass sie es ehrlich meinen (auch wenn ich Aktionen wie Band Aid unnötig finde), aber meine Frage: Wünscht ihr euch manchmal etwas mehr teilhaben zu können, mehr Ansehen in der Öffentlichkeit zu genießen, statt nach 30 Jahren immer noch „die Schmuddelkinder“ zu sein, mit denen niemand etwas zu tun haben will?

Pe: Die „Schmuddelkindersache“ trifft wohl noch zu. Ich persönlich habe aber auch wenig Interesse daran, meinen Senf zu allem hinzufügen zu müssen.

Gonzo: Ich lehne es ab mich vom Mainstream und den ganzen verlogenen Schulterklopfern instrumentalisieren zu lassen. Wie viele unserer Fans habe ich meine eigene Meinung zu vielen Dingen hier und auf der ganzen Welt. Wenn man weiß wer hinter den ganzen Medien steckt, in denen sich die genannten suhlen, dann verzichtet man automatisch auf eine Berührung.

Stephan: Ich brauche das Ansehen der Öffentlichkeit nicht und gebe mich nicht der Illusion hin, auf der Ebene etwas zur Veränderung dieser Gesellschaft im moralischen Sinne beizutragen zu können. So what?!

Kevin: Ich habe gar kein Interesse daran in der Öffentlichkeit zu stehen und um ein Saubermann-Image zu kämpfen, das ich eh nie bekommen werde. Viel wichtiger ist, dass wir und unsere Fans wissen, wer wir sind und wofür wir stehen. Der Rest ist mir egal.

Stephan, du hast mal gesagt, dass der Prozess des Textens für dich unheimlich zeitaufwändig und nervenaufreibend ist. Dennoch kehrst du immer wieder auf eine unnachahmliche Art und Weise dein Innerstes nach außen. Wie schaffst Du das? Welche Hilfsmittel benutzt du beim Texten und wie geht dein Umfeld mit dir um, wenn du gerade in einer kreativen Schaffensphase bist. Und, ganz wichtig, wann befindest du dich wieder in einer selbigen für die Onkelz? ;-)

Stephan: Ich spiele und texte einfach gerne und therapiere und reflektiere mich dadurch. Rotwein, Zigarillos und die Wunden der eigenen Existenz sind meine Gehilfen.

Mein Umfeld besteht im besten Falle nur aus einer inneren Stimme. Dann ergibt ein Gedanke den anderen und alles fügt sich zusammen, wie die Glieder einer Kette. Jeder andere macht in dieser Zeit einen großen Bogen um mich. Das was ich schreibe, die Haltung dahinter, passt zu großen Teilen auch zu den Onkelz. Lasst euch überraschen, in Sachen Onkelz ist mittlerweile alles möglich.

Es gab auf dem Hockenheimring ja diese „Way of Life“ Meet & Greets. Konntet ihr aus den Gesprächen mit den Teilnehmern, die ja sicherlich nicht ohne Grund gewonnen haben, etwas mitnehmen? Bzw. erinnert ihr euch an ganz spezielle Begegnungen mit Fans, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben?

Pe: Ein Schwerbehinderter im Rollstuhl. Er kann nur seinen Kopf bewegen und krampft manchmal total zusammen, sodass er mittels einer motorisierten Aufklappvorrichtung wieder auseinander gebogen werden muss. Er hat es verdammt schwer. Ist verdammt tapfer und helle im Kopf. Dazu ein prima Kerl. An so etwas sollte man denken, wenn man das nächste Mal, wegen einer momentanen Verstimmung auf die Welt, kotzen gehen möchte.

Gonzo: Es ist wirklich berührend und immer sehr erdend, wenn man sich mit Fans unterhält – gerade mit denen, die einen schweren Schicksalsschlag hinter sich haben. Das zeigt einem, welche Dinge im Leben wichtig sind. Ich möchte diese Momente nicht missen.

Stephan: Es gibt viele Begegnungen mit Fans, die mehr als nur einen Eindruck hinterlassen haben. Die wichtigsten halte ich für zu persönlich, zu intim, sind zu emotional und bewegend, als das ich sie mit der Öffentlichkeit teilen möchte.

Kevin: Ich erinnere mich auch mit großer Freude an Daniel, den Rollstuhfahrer – eben einen unserer „Way of Life“ Gewinner. Dass sich Menschen, egal mit welchem Schicksalsschlag sie es zu tun haben, zurück ins Leben kämpfen und wir den Soundtrack dazu liefern können, das ist was ganz Besonders. Ich ziehe meinen Hut vor seiner Lebensfreude. Das hat mich echt bewegt. Das Bild, das er mir vom Hockenheimring auf der Release-Party der DVD geschenkt hat, steht bei mir zuhause auf einem Ehrenplatz. Es freut mich diese Leute wiederzutreffen, ihnen Mut und Lebensfreude für den weiteren Weg zu geben. Unsere Texte helfen, sind positive Wegbegleiter und alleine deshalb ist es gottverdammt noch mal wichtig, dass wir wieder da sind. Wichtiger als je zuvor.